Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 58

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11.37.38

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, vor allem die Zuseher auf der Tribüne beziehungsweise vor den Fernsehschirmen werden aus den Worten von Herrn Bundesminister Bartenstein nicht sehr viel schlauer geworden sein. (Rufe bei der ÖVP: Oh ja! – Abg. Schöls: Unterschätzen Sie die Menschen nicht!)

Es ist ganz offensichtlich – das konnte man entnehmen –, dass das ein bisschen kompliziert ist, und es ist ganz offensichtlich, dass Minister Bartenstein gerne hätte, dass irgendetwas anders wird. Aber wie es genau werden soll, hat er eigentlich nicht gesagt.

Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren, es lohnt sich, diese Fragen doch noch etwas näher zu betrachten.

Es gibt in Österreich im Wesentlichen zwei, die sagen, sie wollen diese Richtlinie unbedingt und eigentlich entlang dem, was die Kommission vorgeschlagen hat, haben – mit ein paar Ausnahmen, hat Bartenstein jetzt gesagt, Spielkasinos zum Beispiel.

Wer sind diese zwei, die das haben wollen? (Abg. Mag. Molterer: Daseinsvorsorge!) – Das eine ist die Industriellenvereinigung, das andere ist Herr Minister Bartenstein. Bleiben wir einmal bei der Industriellenvereinigung und fragen wir: Wieso wollen die das? – Das ist relativ nahe liegend: Auch wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind dafür, dass österreichische Unternehmen ihre guten Dienstleistungen unter möglichst günstigen Rahmenbedingungen exportieren können. Daran besteht kein Zweifel. Und das ist vermutlich das Einzige, was uns in diesem Punkt wirklich alle eint.

Der zweite Punkt ist die Frage: Warum ist die Industriellenvereinigung dafür, dass das so gemacht wird? – Ist auch relativ nahe liegend: Das sind relativ große Unternehmen, die heute schon exportieren und die sich erwarten, dass sie unter den Bedingungen der Dienstleistungsrichtlinie künftig im Wesentlichen nur mehr österreichisches Recht kennen müssen und unter diesen Bedingungen auch exportieren können. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Sie erwarten sich, dass es für sie billiger wird und dass sie daher besser exportieren können. Das ist ja auch sehr verständlich. (Abg. Neudeck: Da gibt es keine anderen Richtlinien!)

Der Punkt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das gilt insbesondere für Sie, die Sie an den Fernsehschirmen daheim sitzen –, die Frage ist: Was haben eigentlich die kleinen Unternehmen, was hat der Dienstleister mit sieben Angestellten davon? Was haben die KMUs, die eigentlich die Masse der österreichischen Unter­nehmen ausmachen, davon?

Haben Sie sich überlegt, unter welchen Bedingungen Sie Ihre Dienstleistungen nach Hamburg oder nach Warschau verkaufen, und gemeint, dass es jetzt ganz fein wäre, wenn es endlich eine europäische Dienstleistungsrichtlinie gäbe? Und haben Sie darüber mit Ihrer Interessenvertretung schon gesprochen und ihr gesagt, das ist etwas ganz Tolles für Sie? – Ich denke, Sie sollten noch einmal mit ihr reden! (Abg. Gril­litsch: Haben Sie mit der Gewerkschaft schon gesprochen?)

Das, was hier zu erwarten ist, ist doch, dass die Industriellenvereinigungen oder wie immer sie heißen, die großen Unternehmen der anderen Länder natürlich daran inter­essiert sind, ihre Leistungen auch in Österreich anzubieten! Das, was geschehen wird, ist, dass der Wettbewerb zu Lasten der kleinen Unternehmen sich massiv verschärfen wird! Und das wird vielleicht eine Zeitlang für die Konsumenten auch ganz nett sein, denn dadurch werden sie es billiger bekommen. Der Punkt ist nur, meine sehr geehrten Damen und Herren: Niemand in diesem Land ist ausschließlich Konsument!


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