Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 121

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Vielleicht gibt es ja in Zukunft noch einmal eine Änderung dieser Geschäftsordnung, nach der das dann anders aussehen wird.

Nun zum Thema der jetzigen Debatte, nämlich dem Terrorismus und der Terroris­mus­bekämpfung, dazu, was hier zu tun ist. In den letzten Jahren hat der Terrorismus – und das stimmt – eine neue Dimension bekommen: Früher waren das Gruppierungen, die tatsächlich ein relativ klar definiertes politisches Ziel hatten; die jetzigen „modernen“ – modern unter Anführungszeichen – Terroristen haben kein herkömmlich klares politi­sches Konzept, denen geht es mit ihrer verabscheuungswürdigen Gewaltstrategie viel­mehr um die Erreichung breiterer ideologischer Ziele, die sich nicht an einem Terri­torium oder an Rechten für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe festmachen lassen.

Es geht gegen dieses demokratische Wertesystem, das wir geschaffen haben, gegen Freiheit, gegen Menschenwürde, gegen Menschenrechte, sehr stark auch gegen Frauenrechte, gegen die Trennung von Religion und Staat, die wir uns auch in Europa über Jahre und Jahrhunderte schwer und hart erkämpft haben, es geht aber auch gegen Dinge wie die Menschenrechtskonvention, die UNO-Charta, alles das, was dieses multilaterale System auch begründet.

Die Trennung von Religion und Staat ist doch ein äußerst notwendiges und wichtiges Prinzip, das wir in Europa auch erreicht haben. In diesem Zusammenhang möchte ich ein Wort zur aktuellen Debatte rund um die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sagen.

Genau diese Trennung von Religion und Staat, die die Türkei als einer der ganz wenigen – wenn nicht der einzige; nein, der einzige ist sie nicht, aber einer der weni­gen – Staaten mit einer muslimischen Mehrheit hat, ist für uns, für die Grünen, einer der Gründe dafür, dass wir die Beitrittsbemühungen der Türkei unterstützen und unter­stützt haben.

So betrachtet ist es wirklich äußerst unglaubwürdig, wenn der Herr Bundeskanzler in den letzten Tagen dazu eine Haltung an den Tag legt, die ganz rigiden Widerstand zeigt gegen die Formulierung eines Verhandlungszieles – eines Verhandlungszieles, dem er selbst vor einigen Monaten zugestimmt hat. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Das war schon immer seine Haltung, nicht nur in den letzten Jahren!)

Die Formulierung lautete, dass das Ziel der Verhandlungen ein Vollbeitritt der Türkei ist, aber offen ist, ob das jemals erreicht werden kann, denn da hat die Türkei noch sehr viel zu tun, und da hat auch die EU noch sehr viel zu tun. – Dieser Formulierung hat Bundeskanzler Schüssel noch vor einigen Monaten zugestimmt! – Heute aber sagt er: Nein, wir brauchen eine Alternative; diese muss hineingeschrieben werden! – Das ist unglaubwürdig! Das heißt, dass das Wort des österreichischen Bundeskanzlers nicht mehr gilt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Man kann ja g’scheiter werden!)

Unserer Überzeugung nach ist es notwendig, an dieser Zielformulierung festzuhalten, und ich hoffe sehr, dass sich Österreich daran halten wird – noch dazu, wo wir in wenigen Monaten die EU-Präsidentschaft übernehmen werden! Das schaut doch sonst aus, als ob wir uns jetzt sozusagen ins europäische Schmollwinkerl stellen und nicht mit­machen würden. (Abg. Dr. Spindelegger: Ganz im Gegenteil! Es werden öster­reichische Interessen vertreten!) – Ein guter Dienst an Österreich und an der kom­menden EU-Präsidentschaft ist es sicherlich nicht, wenn diese rigide Haltung bei­behalten wird!

Im Kampf gegen den Terrorismus muss aber auch klar sein, dass selbst der beste Schutz – selbstverständlich immer unter dem Titel Rechtsstaatlichkeit, der im Inland –, dass Sicherheitsmaßnahmen, die gesetzt werden, nicht genug sind. An einer Ur-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite