Am 7. Juli 2005 hat der
Europäische Gerichtshof (EuGH) die Republik Österreich dazu verurteilt, die bis
dahin existierenden Zugangsbeschränkungen für Studierende aus anderen
EU-Mitgliedstaaten aufzuheben. Die Zugangsbeschränkungen für ausländische
Studierende zu österreichischen Universitäten stellen für den EuGH eine Diskriminierung
Studienwilliger aus anderen EU-Ländern dar und verstoßen damit gegen EU-Recht.
Als Reaktion auf das Urteil hat die
Regierung Zugangsbeschränkungen an den österreichischen Universitäten
eingeführt. Per Gesetz haben die Rektorate für zwei Jahre das Recht bekommen,
in jenen 8 Fächern, in denen es in Deutschland einen Numerus Clausus gibt
(Medizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Biologie, Psychologie, Pharmazie,
Betriebswirtschaft und Kommunikationswissenschaft, wobei die beiden letzteren
keine bundesweiten NC-Fächer sind), Zugangsbeschränkungen festzusetzen. Dabei
gibt es eine gesetzlich fixierte Untergrenze, die beim Durchschnitt der
Studienanfänger der letzten drei Jahre liegt. Sowohl die Feststellung der
Kapazitätsgrenzen als auch die Einsetzung des konkreten Verfahrens für die
Feststellung der Eignung Studierender zum Studium ist Sache der Rektorate
(„First come, first serve“-Prinzip, Einstiegstests vor Beginn des Studiums, selektive
Studieneingangsphase mit Prüfung nach dem ersten Semester). Danach brauche es
laut Ministerin Gehrer allerdings eine generelle Regelung, die sich nicht nur
auf die NC-Fächer bezieht.
Faktum ist, dass nicht nur die
AkademikerInnenquote, sondern auch die Hochschulübertrittsquote, also die Zahl
der Übertritte von MaturantInnen an die Unis, sowie die Anzahl an Studierenden
in Österreich weit unter dem OECD-Schnitt liegen. Dies mit
Zugangsbeschränkungen zu beantworten ist kontraproduktiv. Österreich braucht
mehr und nicht weniger Studierende, um den Anschluss an die europäische Spitze
zu finden. Dazu bedarf es eines klaren politischen Bekenntnisses mit einem
entsprechenden Universitäts-Budget.
Neben diesen auf nationaler Ebene
umzusetzenden Zielen, muss die Regierung sich dringend auf europäischer Ebene
einsetzen, um den offenen Hochschulzugang zu verteidigen. Aber bisher hat weder
die zuständige Ministerin, noch der Bundeskanzler nennenswerte Aktivitäten
gesetzt, um sich des Problems durch Gespräche und Verhandlungen in der EU
anzunehmen.
Das EuGH-Urteil vom 7.7.2005 kam alles
andere als überraschend. Denn seit Jahren ist bekannt, dass die österreichische
Zugangsregelung zu Universitäten, die für EU-BürgerInnen nicht nur die Matura,
sondern auch einen Studienplatz in ihrem Heimatland als Zugangsvoraussetzung
an österreichischen Universitäten verlangt, von zahlreichen ExpertInnen
aufgrund ihres diskriminierenden Tatbestandes kritisiert wurde. Die
Bundesregierung hat wider besseres Wissen bis zur Urteilsverkündung nicht gehandelt,
sondern bloß Vogel-Strauss-Politik betrieben. Seit der ersten Mahnung Österreichs
durch den Europäischen Gerichtshof am 9. November 1999, spätestens
aber seit dem Schlussantrag Generalanwalt Jakobs am 20. Jänner 2005
hätte die Bundesregierung handeln müssen. All das hat sie verabsäumt und
reagiert nun im Schnellschuss, wobei sie das Problem auf die Universitäten und
Rektoren abschiebt.
Sogar in der Begründung des Urteils
stellt der EuGH fest, dass Österreich keine ausreichenden Anstrengungen
unternommen hat, um die Dramatik der Situation für das österreichische
Bildungssystem zu schildern. Wie auch die Beantwortung einer Anfrage von SPÖ
und Grünen betreffend die Folgen des EuGH-Urteils zeigt, hat die Regierung
verabsäumt, eine europäische Lösung des Problems auch nur anzudiskutieren.
Frühzeitige Warnungen – auch seitens der Grünen, die das Problem wiederholt
thematisiert haben und bereits am 3.12.2003 eine entsprechende Anfrage an
Ministerin Gehrer gerichtet haben, die allerdings eher nichtssagend beantwortet
wurde – wurden offenbar verschlafen.