Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 158

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arbeitslos sind, wobei Kurse, kurze Beschäftigungen oder Krankheiten bis zum Ausmaß von 62 Tagen nicht als statusändernd gewertet werden.

Die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen ist seit Jänner 2003 von 54.835 Menschen auf 62.632 (Juli 2005) gestiegen. Trotz Kenntnis dieser Tatsache schreibt das BMWA in seiner monatlichen Darstellung der Arbeitsmarktlage am 1. August 2005: „Zahl der Langzeitarbeitslosen beinahe halbiert“ und „Die Zahl der Langzeitarbeitslosen mit einer Vormerkdauer über einem Jahr ist Ende Juli 2005 gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres mit -9.456 bzw. -46,7% auf 10.808 kräftig zurückgegangen.“

Die soziale Absicherung arbeitsloser Menschen in Österreich ist im europäischen Vergleich besonders schlecht. So ist etwa die Ersatzrate bei diesen Leistungen – je nach Berechnungsweise - die drittniedrigste oder viertniedrigste unter den früheren EU-15. Dies drückt sich auch in den durchschnittlichen Bezugshöhen bei Arbeitslosen­geld und Notstandshilfe aus: Notstandshilfebezieherinnen bezogen im Juni 2005 durch­schnittlich € 16,18 pro Tag, Notstandshilfebezieher € 20,38. Frauen mussten also mit € 485,40, Männer mit € 611,40 im Monat auskommen. Beide Werte liegen deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle. Aber auch 65% der männlichen und 84% der weiblichen ArbeitslosengeldbezieherInnen erhalten Leistungen unter der Armutsgefähr­dungsschwelle.

Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sind nicht nur vielfach viel zu niedrig, sie werden auch durch Zeitablauf zunehmend entwertet: Der durchschnittliche Lohnersatz für ArbeitslosengeldempfängerInnen hat zwischen 2000 und 2004 real um 3,6% an Wert verloren, jener für NotstandshilfeempfängerInnen gar um 4,3%.

Geradezu explosionsartig vermehrt hat sich seit dem Jahr 2000 die Zahl der Emp­fängerInnen von Sozialhilfe. Erhielten im Jahr 2001 noch ca. 64.000 Menschen in Österreich Sozialhilfe, so hat sich das auf gegenwärtig über 100.000 erhöht. Ein guter Teil dieser Menschen erhält so genannte Richtsatzergänzungsleistungen, also Sozial­hilfe, obwohl sie entweder einer sehr schlecht entlohnten Beschäftigung nachgehen oder Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung haben. Das Sicherungsniveau der Sozialhilfe in Österreich ist – da länderweise geregelt – höchst unterschiedlich und durchwegs weit unter der Armutsgefährdungsschwelle gelegen. Uneinheitlich ist auch der Zugang zur Sozialhilfe: In manchen Teilen Österreichs verzichten bis zu 50% der theoretisch Anspruchsberechtigten aus Scham, Unkenntnis der Rechtslage oder Rücksicht auf Familienmitglieder auf Leistungen. Auch aus diesem Grund hat es in der Vergangenheit Bestrebungen gegeben, eine bundes­einheitliche Regelung der Sozialhilfe mit einheitlichen Sicherungsniveaus zu schaffen. Eine Arbeitsgruppe der Landes-SozialreferentInnen wurde gebildet und unter anderem im NAP-inklusion für den Zeitraum 2003 bis 2005 heißt es dazu vielversprechend:

„In einer Arbeitsgruppe zwischen dem Bund und den Ländern werden die Grundlagen für eine Harmonisierung der Sozialhilfegesetze der Länder erarbeitet. Im Zuge dieser Angleichung der Länderregelungen werden auch die Schnittstellen mit den korres­pondierenden Bestimmungen des Bundes (z. B. Ausgleichszulagen nach den Pen­sionsgesetzen, Notstandshilfe u. a.) miteinbezogen. Zentrale Themen dieser Harmoni­sierung werden u.a. die Angleichung der Zugangsvoraussetzungen, die derzeit länderweise sehr unterschiedlich geregelten Richtsätze („Mindeststandards“), eine Vereinheitlichung der Sonderbedarfe und eine Erhöhung der Rechtssicherheit und Transparenz sein. Außerdem werden bundeseinheitliche Kriterien für die Erfassung statistischer Daten zur Sozialhilfe erarbeitet. Als Instrument für die Umsetzung der Harmonisierungsbestrebungen kommen sowohl ein Staatsvertrag zwischen dem Bund und den Ländern als auch ein Sozialhilfegrundsatzgesetz in Frage.“

 


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