Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 173

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Das Gleiche gilt im Übrigen für die Betriebe, die auch von dieser Steuerreform – sozu­sagen einem Ihrer grandiosen Würfe – betroffen sind: Zwar wird die Körperschaftsteuer gesenkt, für die kleinen und Mikrobetriebe wird aber absolut nichts gemacht. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ja, für jede GmbH! Aber Sie wissen genau, dass das, was für GmbHs gilt, die Mikrobetriebe in der Regel nicht betrifft. Wir haben eine steigende Anzahl von Insolvenzen bei den Mikrobetrieben, das heißt, hier müsste dringend etwas getan werden.

Wir haben eine – so genannte – große Gründerwelle, aber eine mindestens ebenso große Insolvenzwelle. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja gar nicht wahr!) Das heißt, in diesem Bereich haben Sie auch nichts gemacht, und das ist auch kein gutes Zeichen für Wachstum und Beschäftigung! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich wollte aber eigentlich noch auf einen anderen Bereich eingehen: Hier sind heute schon des Öfteren die Lissabon-Ziele genannt worden, und wenn Sie von der Regie­rung sich zur Lissabon-Strategie bekennen, dann wundert mich schon, wie Sie mit den Fragen der Wissensgesellschaft umgehen.

Wissen ist tatsächlich ein Schlüssel beziehungsweise wird als Schlüssel für die Erklä­rung von Wachstumsdifferenzen herangezogen. Unabhängig davon, ob das außerhalb Europas ist, zum Beispiel in Ostasien, oder innerhalb Europas wie in Skandinavien oder Irland: Überall sieht man, dass dort, wo in Wissen, Forschung und Innovation investiert wird, auch das wirtschaftliche Wachstum wesentlich höher ist als in Ländern, wo das nicht der Fall ist. Wissen ist ein wesentlicher Produktionsfaktor. Es gibt Bereiche, in denen Wissen bereits 80 Prozent der Produktion ausmacht. Das heißt, nicht irgendwas Physisches, Material oder derartige Ressourcen machen einen ganz großen Prozentsatz der Produktion aus, sondern Know-how, also Wissensressourcen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Somit erhebt sich aber natürlich die Frage, wer Zugang zu diesem Wissen hat und wie Sie als Regierung die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Menschen in Öster­reich möglichst guten Zugang zu diesem Wissen haben. Da gibt es ein paar Punkte, an denen man das ganz konkret ablesen kann. Man kann es zum Beispiel an der schon oft zitierten PISA-Studie ablesen. Ich will auf diese jetzt gar nicht näher eingehen, aber es geht daraus hervor, dass bereits im Grundschulbereich etwas ganz dramatisch schief läuft, was Sie schlicht und einfach zu ignorieren versuchen. (Abg. Großruck: Das ist ja falsch!)

Das Zweite ist die AkademikerInnen-Quote: Wir haben in Österreich eine Akade­mikerInnen-Quote von 14 Prozent, im OECD-Bereich beträgt sie 23 Prozent. Ich finde, das ist wirklich eine Katastrophe! Ihre Haltung dazu ist aber – wie heute schon einmal erwähnt wurde –: Wozu brauch’ ma des? Sie meinen, dass es überhaupt nicht not­wendig ist, die AkademikerInnen-Quote zu heben, und das ist im Hinblick auf eine wissensbasierte Gesellschaft ganz sicher der falsche Ansatz! (Beifall bei den Grünen.)

Ebenso ist der Anteil der MaturantInnen in Österreich, die ein Studium beginnen, wirklich extrem niedrig: Bei uns sind es nämlich nur drei von zehn, im Gegensatz zu Skandinavien, wo es zum Beispiel sieben von zehn sind, und im OECD-Bereich sind es im Durchschnitt zumindest fünf von zehn.

Man sollte meinen, all das findet irgendwo in Ihrem Reformprogramm seinen Nieder­schlag. Allerdings sind keinerlei Anzeichen zu erkennen, dass Sie in dieser Bildungs‑ beziehungsweise Wissenschaftsfrage auch nur einen Schritt in die richtige Richtung machen.

 


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