Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 326

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

fällig führt. Manchmal hat er Probleme mit seiner eigenen Fraktion, dann nehmen wir ihn auch gerne in Schutz. Und wir hatten auch diesmal eine sehr seriöse und gute Debatte. Wir sind uns leider nicht einig geworden, als es darum gegangen ist, wofür die 20 Millionen € für den Zukunftsfonds verwendet werden. Das ist ja wohl möglich. Ich denke, wir haben dort auch sehr sachlich argumentiert, warum wir der Meinung sind, dass man den Begriff weiter fassen soll. Sie haben argumentiert, warum Sie für eine engere Auslegung gewesen sind. Dann haben wir die Abstimmungen gehabt, gut.

Um 16 Uhr etwa war der Ausschuss zu Ende. Um 15.54 Uhr kommt eine OTS-Aus­sendung vom Abgeordneten Wittmann über die APA. Dort sagt er schon einmal, dieser Fonds ist ein Selbstbedienungsfonds Schüssels. (Abg. Dr. Jarolim: Jawohl! Eine Unverschämtheit ist das!) Und jetzt kommt es! Dann sagt er:

„...: trotz intensiver Appelle der SPÖ bestand der kleine Koalitionspartner BZÖ/FPÖ darauf, eine Relativierung der NS-Verbrechen im Gesetz zu verankern, konkret durch die Erwähnung anderer totalitärer Regime. ,Die ÖVP war sich nicht zu schade, bei dieser Geschichtsklitterung der Ewiggestrigen mitzumachen‘, ...“. (Abg. Neudeck: Unge­heuerlich!)

Herr Kollege Wittmann, ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit, und Sie wissen es. (Abg. Dr. Wittmann: Das ist auch richtig!) – Sie stehen dazu, gut. Ich sage Ihnen, dann werde ich mein Verhältnis zu Ihnen überdenken, denn das ist skandalös. Diese Beur­teilung von mir – denn ich war im Ausschuss – und meiner Fraktion ist skandalös und ein beschämender Endpunkt derartig wichtiger Projekte.

Meine Damen und Herren! Ich sage Ihnen, wie Herr Abgeordneter Wittmann zu dieser Beurteilung kommt. (Abg. Mag. Molterer: Da gibt es nichts zu lachen! – Abg. Dr. Wittmann: Gespielte Empörung ist das!)

Es gab eine Differenz in diesem Ausschuss, als es darum gegangen ist, 20 Millionen € so zu widmen, wie es das Kuratorium des Versöhnungsfonds verfügt hat, nämlich für wissenschaftliche Arbeiten, die dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus dienen beziehungsweise einen Beitrag zur Achtung der Menschenrechte und zur ge­genseitigen Toleranz leisten. Die SPÖ wollte die Widmung ausschließlich für Projekte, die dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gewidmet gewesen wären. Da ist nichts dagegen zu sagen. Das Kuratorium des Versöhnungsfonds selbst hat gesagt: Wir wollen auch Zukunftsprojekte, in denen es darum gegangen ist, Menschen­rechtsprojekte zu fördern, unterstützen. Ich meine, auch das ist eine sehr sinnvolle Handlung. Und wir wollten und haben das jetzt auch zur Beschlussfassung vorgelegt, dass mit diesen 20 Millionen € neben dem nationalsozialistischen Verbrechensregime auch andere totalitäre Regime aus dieser Zeit wissenschaftlich aufgearbeitet werden können.

Herr Kollege Wittmann, ich frage Sie jetzt: Ist es eine Relativierung der national­sozialis­tischen Verbrechen, ist es ewiggestrig, wenn man etwa einem ungarischen Flüchtling, der nach Österreich gekommen ist und vielleicht ein Nachfahre eines Zwangsarbeiters ist und die Geschichte des Horthy-Regimes wissenschaftlich aufarbeiten möchte – eines faschistischen, eines totalitären Regimes, aus genau dieser Zeit, aber kein nationalsozialistisches Regime; vielleicht dasselbe Regime, das seine Angehörigen als Zwangsarbeiter den Nationalsozialisten ausgeliefert hat –, dies ermöglichen will? Das bezeichnen Sie als ewiggestrig, wenn man die Möglichkeit schafft, mit diesen 20 Millionen € auch diese Geschichte aufzuarbeiten?

Meinen Sie, es ist ewiggestrig und eine Relativierung des Nationalsozialismus, wenn man einem österreichischen Kroaten die Möglichkeit gibt, das totalitäre Ustascha-Regime wissenschaftlich aufzuarbeiten und auch die Verbrechen dieses Regimes entsprechend darzustellen?

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite