Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / Seite 157

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Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Unter einem adäquaten Job oder adäquater Arbeit ist zu verstehen, dass die Frauen die dieselben Aufstiegschancen und -möglichkeiten, dasselbe Einkommen für gleichwertige Arbeit und Chancen auf Eigenständigkeit und Unabhängigkeit gewährleistet bekommen. – Das ist bei weitem nicht erreicht.

Mehr als 30 Prozent beträgt der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frau­en. Die Schlusslichtposition in der EU ist uns da sicher, und Sie, Frau Bundesminis­terin, schauen weitgehend untätig zu! Die Einführung des Modells des Kombilohnes fördert diese gesamte schlechte Situation auch noch.

Außerdem muss klargestellt werden, dass die Bundesregierung so gut wie nichts un­ternimmt, um den Mädchen von der traditionellen Berufswahl, gerade dann, wenn sie sich für einen Lehrberuf entscheiden, die Wege in die bekannten Männerdomänen zu eröffnen und zu ermöglichen. Dies würde nämlich einen Beitrag dazu leisten, höhere Einkommen zu erzielen, was eine bessere Absicherung insgesamt, auch in der Pensi­on natürlich, zur Folge hat und vor allem ein eigenständiges Leben ermöglicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, müssen wieder und wieder darauf hingewiesen werden, dass ein richtiger Wiedereinstieg für Frauen einfach nur dann möglich ist, wenn ausreichend und flächendeckend Kinderbetreuungseinrichtun­gen zur Verfügung stehen, und dass Sie dafür Sorge zu tragen haben, solange Sie noch in Regierungsfunktion sind. Kinderbetreuungseinrichtungen sind ein Garant dafür, dass sich Beruf und Familie vernünftig vereinbaren lassen.

Da ergibt sich auch ein Riesenproblem, wenn man hier die Kommunen, insbesondere die kleineren Gemeinden im ländlichen Raum völlig im Regen stehen lässt. Selbst wenn es nämlich möglich ist, eine Kinderbetreuungseinrichtung zu bauen, zu errichten, zu schaffen (Abg. Steibl: Was ist Ihnen wichtiger: ein Sportplatz, eine Straßen-Asphal­tierung oder eine Kinderbetreuungseinrichtung?), sind dann meistens die Gebühren, die dort kostendeckend eingehoben werden müssen, der nächste Hemmschritt für eine Frau, gerade vielleicht für eine Alleinerzieherin, die das Kind dort in einer Krabbelstube, in einem Kindergarten oder in einem Hort unterbringen möchte, um auch wieder be­rufstätig sein zu können. Wie soll sich eine Frau mit einem Einkommen von 530 € netto für einen Reinigungsjob, den sie 20 Stunden pro Woche ausübt – nach zwei Jahren erfolgloser Suche, und selbst die Unterstützung des AMS hat nichts gebracht –, ihr Le­ben leisten können, eigenständig sein und sich ihr Leben ordentlich gestalten können?

Obwohl es Arbeitsstiftungen gibt – Frau Minister, Sie wissen das –, die große und wert­volle Hilfe leisten, sind Sie diejenige, die bis dato immer eine bundesweite Frauenstif­tung, um hier noch weitere unterstützende Maßnahmen für die Frauen zu setzen und zu ermöglichen, abgelehnt hat. Das sollte Ihnen eigentlich zu denken geben!

Ein anderes konkretes Beispiel: eine Alleinerzieherin mit sehr realen 700 € im Monat netto. Wie soll sich die einen Krabbelstubenplatz um 350 € – das ist ein durchschnitt­licher Wert (Abg. Steibl: In Wien!) – für ihr Kind leisten können, und nebenbei auch noch selbst genug zum Leben haben? – Das ist nicht möglich. (Abg. Steibl: In Wien! – Wer ist da Bürgermeister?) – Nein, das ist in Oberösterreich, meine Damen und Herren. Sie sollten einmal nicht nur die Wiener Statistiken lesen, sondern auch andere aus den Bundesländern.

Manchmal habe ich den Eindruck, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie nehmen sich Henrik Ibsens Drama „Nora“ zum Vorbild für Ihre Frauenpolitik. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Gehen Sie in sich, ändern Sie diese Haltung, es ist sicher die falsche! (Beifall bei der SPÖ.)

 


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