Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / Seite 246

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Weshalb auch nach dem bekannt werden der Vorwürfe in Sachen Visahandel, spätes­tens also im Jahr 2001, nicht von der Praxis Abstand genommen wurde, die Akten über bewilligte Visaanträge bereits nach einem Jahr zu vernichten.

Begründung:

Die Ermittlungen der deutschen Behörden in Sachen Visahandel haben offenbar deut­liche Hinweise auf die Involvierung österreichischer Vertretungsbehörden gebracht und die österreichischen Behörden zum Handeln gezwungen.

Die mittlerweile vorgenommenen Verhaftungen und die Medienberichte über die Ermitt­lungen der Staatsanwaltschaft haben gezeigt, dass die seit mehreren Jahren vorhan­denen, von den verantwortlichen Ressorts aber stets bestrittenen Vorwürfe in Sachen Visahandel begründet waren.

Noch im April 2004, als es in den Medien erneut Hinweise über Unregelmäßigkeiten im Visumverkehr am österreichischen Konsulat in Belgrad gab, hatte das Außenamt alle Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Zwischen kolportierten Inseraten in serbischen Medien, in denen Schengen-Visa angeboten worden waren, und der österreichischen Botschaft bestehe keinerlei Zusammenhang. Dies sei das Ergebnis einer internen Überprüfung. Im übrigen würden alle österreichischen Vertretungsbehörden im Aus­land regelmäßig intern überprüft, dabei werde naturgemäß jedem Hinweis auf etwaige Unregelmäßigkeiten nachgegangen (OTS103, 15.4. 2004).  Als der Visa-Missbrauch an deutschen Botschaften in Osteuropa bekannt wurde, hieß es aus dem Außen- und Innenministerium, in Österreich sei ein solcher Missbrauch nur sehr schwer möglich, da man ein ganz anderes Visa-System habe und viel restriktiver vorgehe (APA 270, 17.2. 2005).

Nach Zeitungsberichten sollen in den Jahren 2002 und 2003 am österreichischen Kon­sulat in Budapest tausende illegale Visa gegen Entgelt ausgestellt worden sein. Ein aktiver Diplomat aus dem konsularischen Dienst, ein pensionierter Mitarbeiter der Kon­sularabteilung und einige weitere Personen wurden von der Polizei wegen des Ver­dachts auf Visahandel festgenommen. Medienberichten zufolge wird auch an anderen Standorten, jedenfalls in Belgrad und Bukarest, wegen Visahandels ermittelt. Die Staatsanwaltschaft schließt eine Ausweitung der am österreichischen Konsulat in Budapest aufgedeckten Visa-Affäre und Ermittlungen über Unregelmäßigkeiten an anderen diplomatischen Vertretungen Österreichs im Ausland nicht aus (APA 163, 12. 10. 2005). 

Außenministerin Ferrero-Waldner, die, wie bekannt wurde, im Jahr 2002 schriftlich und persönlich auf den vermuteten Visahandel am österreichischen Konsulat in Belgrad aufmerksam gemacht wurde, versicherte damals, „dass alles in Ordnung sei“ (News 42/05) und es keine Anhaltspunkte für Verfehlungen gebe. Mehr als fraglich ist, welche Maßnahmen das Außenministerium tatsächlich setzte, um die Vorwürfe zu prü­fen. Der Generalinspektor des Außenamtes, Manfred Ortner, meinte in einem Interview jedenfalls, dass ihn niemand beauftragt hatte, die Belgrader Botschaft wegen Visahan­del zu inspizieren oder zu untersuchen (Pro-7-Austria, 2.11. 2005). Dafür sorgte der Generalinspektor laut News dafür, dass eine Mitarbeiterin, die Missstände aufdecken wollte, nach Wien versetzt wurde, weil sich ihr Arbeitsstil als „entscheidungsscheu, nicht kundenfreundlich, nicht kommunikativ und unflexibel“ (News 45/05) erwiesen habe.

Medienberichten ist ferner zu entnehmen, dass ein weiterer Mitarbeiter des Außenam­tes seine Vorgesetzten informierte, von dem jetzt in serbischer Auslieferungshaft ein­sitzenden Kärntner Unternehmen Klaus H. nach dem Wechsel des heute inhaftierten


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