Weshalb auch nach dem bekannt werden der
Vorwürfe in Sachen Visahandel, spätestens also im Jahr 2001, nicht von
der Praxis Abstand genommen wurde, die Akten über bewilligte Visaanträge
bereits nach einem Jahr zu vernichten.
Begründung:
Die
Ermittlungen der deutschen Behörden in Sachen Visahandel haben offenbar deutliche
Hinweise auf die Involvierung österreichischer Vertretungsbehörden gebracht und
die österreichischen Behörden zum Handeln gezwungen.
Die
mittlerweile vorgenommenen Verhaftungen und die Medienberichte über die Ermittlungen
der Staatsanwaltschaft haben gezeigt, dass die seit mehreren Jahren vorhandenen,
von den verantwortlichen Ressorts aber stets bestrittenen Vorwürfe in Sachen
Visahandel begründet waren.
Noch
im April 2004, als es in den Medien erneut Hinweise über
Unregelmäßigkeiten im Visumverkehr am österreichischen Konsulat in Belgrad gab,
hatte das Außenamt alle Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Zwischen
kolportierten Inseraten in serbischen Medien, in denen Schengen-Visa angeboten
worden waren, und der österreichischen Botschaft bestehe keinerlei
Zusammenhang. Dies sei das Ergebnis einer internen Überprüfung. Im übrigen
würden alle österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland regelmäßig intern
überprüft, dabei werde naturgemäß jedem Hinweis auf etwaige Unregelmäßigkeiten
nachgegangen (OTS103, 15.4. 2004).
Als der Visa-Missbrauch an deutschen Botschaften in Osteuropa bekannt
wurde, hieß es aus dem Außen- und Innenministerium, in Österreich sei ein
solcher Missbrauch nur sehr schwer möglich, da man ein ganz anderes Visa-System
habe und viel restriktiver vorgehe (APA 270, 17.2. 2005).
Nach
Zeitungsberichten sollen in den Jahren 2002 und 2003 am österreichischen Konsulat
in Budapest tausende illegale Visa gegen Entgelt ausgestellt worden sein. Ein
aktiver Diplomat aus dem konsularischen Dienst, ein pensionierter Mitarbeiter
der Konsularabteilung und einige weitere Personen wurden von der Polizei wegen
des Verdachts auf Visahandel festgenommen. Medienberichten zufolge wird auch
an anderen Standorten, jedenfalls in Belgrad und Bukarest, wegen Visahandels
ermittelt. Die Staatsanwaltschaft schließt eine Ausweitung der am
österreichischen Konsulat in Budapest aufgedeckten Visa-Affäre und Ermittlungen
über Unregelmäßigkeiten an anderen diplomatischen Vertretungen Österreichs im
Ausland nicht aus (APA 163, 12. 10. 2005).
Außenministerin
Ferrero-Waldner, die, wie bekannt wurde, im Jahr 2002 schriftlich und
persönlich auf den vermuteten Visahandel am österreichischen Konsulat in Belgrad
aufmerksam gemacht wurde, versicherte damals, „dass alles in Ordnung sei“
(News 42/05) und es keine Anhaltspunkte für Verfehlungen gebe. Mehr als
fraglich ist, welche Maßnahmen das Außenministerium tatsächlich setzte, um die
Vorwürfe zu prüfen. Der Generalinspektor des Außenamtes, Manfred Ortner,
meinte in einem Interview jedenfalls, dass ihn niemand beauftragt hatte, die
Belgrader Botschaft wegen Visahandel zu inspizieren oder zu untersuchen
(Pro-7-Austria, 2.11. 2005). Dafür sorgte der Generalinspektor laut News
dafür, dass eine Mitarbeiterin, die Missstände aufdecken wollte, nach Wien
versetzt wurde, weil sich ihr Arbeitsstil als „entscheidungsscheu, nicht
kundenfreundlich, nicht kommunikativ und unflexibel“ (News 45/05) erwiesen
habe.
Medienberichten ist ferner zu entnehmen, dass ein weiterer Mitarbeiter des Außenamtes seine Vorgesetzten informierte, von dem jetzt in serbischer Auslieferungshaft einsitzenden Kärntner Unternehmen Klaus H. nach dem Wechsel des heute inhaftierten