Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 77

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zesses ist – es ist nämlich genau das Gegenteil der Fall: Die Staatsbürgerschaft ist ein Teil der Integration von AusländerInnen in Österreich, weil die Staatsbürgerschaft jenes Instrument ist, das Fremden, die hier leben, sich aber durch die Nichtinnehabung des österreichischen Reisepasses unterscheiden, erst die wesentliche Voraussetzung für die Integration verleiht, dafür, sich am politischen Prozess beteiligen zu können. Es gibt keine politische Partizipation in diesem Land ohne Reisepass, für Fremde in Österreich – exklusive EU-Bürger, die auf der untersten Ebene der politischen Teil­habe, nämlich auf der Ebene der Gemeinderäte wahlberechtigt sind. Übrigens: völlig unabhängig davon, ob sie ein Wort Deutsch sprechen oder nicht, weil Sie, Frau Ministerin, immer ins Treffen führen, dass Deutschkenntnisse vor allem für die politische Teilhabe so wesentlich sind.

In Österreich kann jemand, wenn er aus Polen oder Portugal kommt – um die zwei am weitesten entfernten Länder in der EU zu nennen; ich berichte jetzt nur Fakten, ohne eine Meinung abzugeben –, egal, ob er Deutsch kann oder nicht – das wird nicht nach­geprüft –, an den Gemeinderatswahlen teilnehmen, weil er EU-Bürger ist. Ich halte das für sehr gut, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Eines der Hauptargumente dieser Regierung ist, dass die Menschen unter anderem deshalb Deutschkenntnisse erwerben müssen, um sich am politischen Prozess beteiligen zu können – sonst könnten sie vielleicht nicht unterscheiden zwischen Van der Bellen, Schüssel, Haider und Gusenbauer! Sie können es sehr wohl, meine Damen und Herren, denn man muss auch unterscheiden können zwischen – wer ist jetzt Bürgermeister auf dieser (in Richtung ÖVP) Seite? (Abg. Hornek hebt eine Hand) – zum Beispiel einem ÖVP-Bürgermeister und einem SPÖ-Kandidaten einer kleinen Waldviertler Gemeinde. Auch dort ist das notwendig.

Deshalb unterstütze ich alle Bestrebungen, die Teil der österreichischen Integrations­politik sind, Menschen, die nach Österreich kommen und sich hier auf Dauer niederlassen, in ihrem Bestreben, sich Deutschkenntnisse anzueignen, zu unter­stützen. Die Bundesregierung wird von den Grünen jede Unterstützung bekommen, wenn es darum geht, Menschen beim Erwerb von Sprachkenntnissen zu fördern und zu unterstützen, denn die Sprache ist eines der wichtigsten beziehungsweise überhaupt das wichtigste Kommunikationsmittel.

Wenn dann allerdings solche Auswüchse zum Vorschein kommen wie im Zusam­menhang mit dem von der christlich-sozialen Ministerin Prokop vorgelegten Bundes­gesetz, in dem es heißt, dass, wenn ein Hauptschüler in Deutsch einen Fünfer hat, die Einbürgerung der gesamten Familie gestoppt wird (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht!), dann, Frau Ministerin, möchte ich Sie bitten, sich einmal vorzustellen, welch große Verantwortung auf einem Hauptschüler der ersten oder zweiten Klasse lastet, der mit einer negativen Note in Deutsch die Einbürgerung seiner gesamten Familie verhindert – nein, nicht er verhindert sie, Sie verhindern sie! Stellen Sie sich vor, welch große Verantwortung auf den Lehrerinnen und Lehrern lastet, die Kinder, die noch nicht Österreicher sind, in Deutsch zu bewerten haben! Lehrer und Lehrerinnen in Österreich entscheiden künftig über die Einbürgerung von Zuwandererfamilien. Aber dafür, Frau Bundesministerin, sind die Lehrer und Lehrerinnen weder zuständig noch vorbereitet, noch werden sie dafür bezahlt, über das Schicksal von ganzen Familien zu entscheiden. Aber das ist jetzt nur ein kleiner Teil dieser Gesamtnovelle.

Aber gehen wir jetzt davon aus, dass es eine Zuwandererfamilie trotzdem schafft, eine typische Gastarbeiterfamilie, wie wir sie kennen, oder eine Familie, die während der Kriegsereignisse aus Bosnien nach Österreich gekommen ist und jetzt die Fristen passiert hat: Dann kommt das, was ich für das Verwerflichste in Ihren Vorlagen, die Sie gebracht haben, halte, nämlich die Gebühren.

 


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