Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 264

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21.10.08

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Vorrednerin! Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Wenn Sie mir als demokratiepolitisch in Ordnung verkaufen wollen, Werbesendungen im ORF für die politischen Parteien abzuschaffen und es ausschließlich den beiden Regierungsparteien zu ermöglichen, dass sie dort unter dem Titel der Information für den Bürger Ihre Werbesendungen abspielen können, dann kann ich nur den Kopf schütteln. (Abg. Neudeck: Das hat die SPÖ 20 Jahre probiert!) Das ist natürlich nicht so.

Das, was Sie erreicht haben – wenn Sie schon darüber diskutieren wollen, diskutieren wir darüber –, ist, dass Sie Einfluss nehmen über eine Neuorganisation bei den Infor­mationssendungen. Es gibt eine zentrale Chefredaktion, und diese Chefredaktion nimmt Einfluss auf Themengestaltung, Einladungen, auf die „ZiB 1“, „ZiB 2“, „ZiB 3“, es gibt dort keine eigenen Identitäten mehr, „Offen gesagt“, „Pressestunde“. Und wenn Sie Genaueres wissen wollen, wenden Sie sich vertrauensvoll an Herrn Mück, er wird Ihnen das genau erzählen, wie das dort abläuft. Das noch gekoppelt damit, dass man durch die so genannten Mück-Filter durchmuss, damit man dann überhaupt noch registriert wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das stimmt aber! Da hat er Recht!) – Da gibt mir Kollege Scheuch auch Recht.

Und dann gibt es nicht einmal Werbesendungen für die konkurrierenden politischen Parteien. Nur für die Regierung gibt es dann kostenlos – der Gebührenzahler hat das dann zu brennen – die Regierungsinformation.

Da muss ich Ihnen sagen: Das ist ein starkes Stück. Ich finde es nicht in Ordnung und denke, dass das auch dem ORF geschadet hat, und da bin ich jetzt auf der kauf­männischen Seite. Die sinkenden Quoten sind das Ergebnis genau dieser Politik im ORF, die Sie zu verantworten haben. Damit stellen Sie eigentlich die materielle Existenz des öffentlich-rechtlichen ORF in Frage: Sinkende Quoten haben Aus­wir­kungen auf die Einnahmen bei der Werbung. Damit kommt möglicherweise der ORF auch in eine Situation, die für seine Existenz äußerst problematisch ist.

Dieses Gesetz versucht gegenzusteuern, nämlich einem Gesetz, das Sie damals als ein Strafgesetz gegen den Ihnen unbotmäßigen ehemaligen CVer Gerhard Weis beschlossen haben. Wir haben ein Jahr über das neue ORF-Gesetz gestritten. Sie haben natürlich sehr viele Regelungen dort hineingebracht, die den ORF Hunderte Millionen gekostet haben, weil Sie damals gar nicht sicher waren, ob Sie sich dann in der Auseinandersetzung um die neue Geschäftsführung durchsetzen. Sie haben sich dann durchgesetzt, es kam eine neue Geschäftsführung, Gerhard Weis war weg, Sie waren ihn endlich los.

Im Endeffekt ist es aber so, dass das Gesetz geblieben ist. Da können die Zeitungen nicht werben, die Printmedien nicht werben. Sie wissen ganz genau, dass die Fenster der deutschen Sender die Werbegelder abschöpfen, die in Köln und überall sitzen und sich fest die Hände reiben, wenn ich jetzt von SAT 1 und PRO 7 absehe, die machen sogar noch ein „bissi“ kleines Österreich-Fenster-Programm, der Rest kassiert über­haupt nur.

Das ist in Wahrheit das Problem. Dieses Gesetz hier versucht dem etwas entgegen­zuwirken, in einem äußerst bescheidenen Ausmaß. Sie kennen die Konkurrenz­situation, den Kampf um die teuren Rechte im Sportbereich, Sie wissen, dass die Digitalisierung vor der Tür steht, die Konkurrenz mit den diversen Spartenkanälen, dass das alles Zukunftsentwicklungen sind. Wenn man will, dass der öffentlich-recht­liche Rundfunk existiert, als eine relevante Einrichtung, als eine Einrichtung kultureller österreichischer Identität, braucht er dafür Einnahmen als Gebühren und Werbeein-


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