Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 332

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Welche Schritte zur Aufklärung der Vorwürfe und zur Bekämpfung des Visahandels von Seiten der betroffenen Ressorts gesetzt wurden bzw. welche Fehler und Versäumnisse die betroffenen Regierungsmitglieder bzw. ihre Amtsvorgänger dabei zu verantworten haben;

Weshalb erst die Hinweise deutscher Behörden zu konkreten Ermittlungen und Maß­nahmen in Österreich geführt haben, obwohl konkrete Vorwürfe in Sachen Visahandel seit mehreren Jahren im Raum standen, Außenministerin Ferrero-Waldner im Jahr 2001 schriftlich und 2002 persönlich auf die herrschenden Missstände aufmerksam gemacht worden war und auch bereits im Jahr 2001 Anzeige bei der Staats­anwaltschaft erstattet worden war;

Ob und in welcher Form es in den betroffenen Ressorts Vertuschungsversuche gab und wer diese zu verantworten hat;

Weshalb auch nach dem bekannt werden der Vorwürfe in Sachen Visahandel, spätestens also im Jahr 2001, nicht von der Praxis Abstand genommen wurde, die Akten über bewilligte Visaanträge bereits nach einem Jahr zu vernichten;

Weshalb bis zum heutigen Tag seitens der betroffenen Ressorts nicht die erforder­lichen Maßnahmen gesetzt wurden, um den illegalen Handel mit Sichtvermerken zu unterbinden.

Begründung:

Obwohl über die Medien nun seit Wochen laufend neue, unfassbare Details in der Visa-Affäre bekannt werden, beharren die Bundesregierung, allen voran Außen­ministerin Plassnik, darauf, dass es sich - wenn überhaupt - um bedauerliche Einzel­fälle handle. Letzte Woche wurde bekannt, dass neben den österreichischen Kon­sulaten in Budapest, Belgrad und Bukarest, wo in den Jahren 2002 und 2003 offenbar tausende illegale Visa gegen Entgelt ausgestellt wurden, nun auch die österreichische Vertretung in Kiew im Visier der Fahnder steht. Innerhalb eines Jahres sollen in Kiew 28.000 illegale Visa ausgestellt worden sein. Eine Sprecherin der Außenministerin ließ dazu wissen, dass sie „mögliche Verfehlungen von einzelnen Mitarbeitern“ nicht ausschließe. Alle bisherigen Kontrollen hätten aber eben nichts zutage gefördert“ (Der Standard, 1. 12. 2005).

Handelt es sich, wie die Außenministerin nach wie vor behauptet, tatsächlich nur um „ein paar schwarze Schafe?“ (Kurier, 2. 12. 2005). Diese offizielle Darstellung von Seiten der Regierung ist nicht zu halten. „Österreich vergibt jährlich 400.000 Visa. Wenn stimmt, dass in den letzten Jahren mindestens 40.000 Sichtvermerke an Per­sonen verscherbelt wurden, die sich auf diese Weise Zutritt und Bleibe zum Schengenraum verschafft haben, muss ein Rudel an schwarzen Schafen tätig gewesen sein“ urteilte etwa der Kurier in seinem Leitartikel (Kurier, 2. 12. 2005). „Der Standard“ zitierte aus einem Ermittlungsakt, der von einem „kriminellen Netzwerk“ in Beamtenkreisen an Vertretungen im Ausland sprach (Der Standard, 1. Dezember 2005).

Die Erklärungsnot der Bundesregierung, insbesondere der betroffenen Ressorts ist groß: Weshalb konnte der illegale Handel mit Sichtvermerken so lange unentdeckt bleiben? Weshalb versagten die internen Kontrollmechanismen im Außenamt und im Innenministerium völlig? Weshalb blieben Hinweise auf den Visahandel offenkundig ohne Konsequenz? Versuchte man den Visahandel zu vertuschen? Weshalb blieben die Ermittlungen der Justiz zunächst ergebnislos? Wieso konnte der illegale Handel mit Sichtvermerken bis heute nicht beendet werden? Wieso behaupten Belgrader Visa-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite