Oder: Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt:
„Dieser Finanzrahmen ist in der Tat ...“ (Abg. Wattaul: Machen
wir eine Lesestunde? Ist das eine Leseübung? – Präsident Dr. Khol gibt
das Glockenzeichen.) – Sie merken, meine sehr verehrten Damen und
Herren vor den Fernsehschirmen, die Wahrheit ist für die Regierungsparteien
unerträglich, sie sind nicht einmal im Stande zuzuhören! (Beifall bei der
SPÖ. – Abg. Wattaul: Österreich verdient sich etwas
Besseres!)
Also die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Dieser Finanzrahmen ist in der Tat Ausdruck der Denkpause, in der sich Europa gerade befindet. Wobei dabei vom Denken nicht viel zu spüren ist.“
Man kann die Zitate und Bewertungen internationaler Zeitungen fortsetzen. (Abg. Dr. Brinek: Es gibt auch ganz andere!) Diese sollten uns zumindest bei all dem Weihrauch, der hier verströmt wird, zum Nachdenken veranlassen, zum Nachdenken darüber, was denn die Substanz dieses Finanzabkommens ist. Und wenn wir in die Substanz eingehen, dann stellen wir fest, dass sich an den bisherigen Ausgabenstrukturen in der Tat wenig geändert hat.
Das heißt zum
Beispiel, dass es in der Frage der Landwirtschaftspolitik, die 40 Prozent –
ich betone: 40 Prozent – aller Ausgaben der Europäischen Union
ausmacht, weiterhin so sein wird – Herr Grillitsch, das ist für Sie
wichtig (Abg. Hornek: Das ist für
Österreich wichtig! Aber das verstehen Sie nicht!) –, dass
6 Prozent der größten europäischen Landwirtschaftsbetriebe 52 Prozent
aller Subventionen bekommen werden, und das von 40 Prozent des gesamten
Haushaltes, während 53 Prozent der kleinsten europäischen
Landwirtschaften, also unsere Bergbauern und andere Landwirte, nur
4 Prozent bekommen werden. (Rufe bei
der SPÖ: Hört, hört!) Das
ist die Realität von Gerechtigkeit oder, besser gesagt, von Ungerechtigkeit in
dieser Europäischen Union! (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: ... Klassenkampf! – Anhaltende Zwischenrufe
bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)
Meine Damen und Herren, Sie sollten dem Abgeordneten Scheuch zuhören! Er ist der Meinung, dass das Hinweisen darauf, dass die Kleinbauern weiterhin nichts oder wenig bekommen und die Großbetriebe alles bekommen, Klassenkampf ist. Dies sei nur deshalb bemerkt, damit Sie mitbekommen, wie die Kategorien von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit nach der Lesart der Regierungsparteien ausschauen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Meine sehr
verehrten Damen und Herren, niemand hier im Hohen Haus wird bezweifeln, dass
die EU-Erweiterung nicht aus der Portokasse zu bezahlen ist und dass sie
selbstverständlich zusätzlicher Finanzmittel bedarf. Das wissen alle, und dazu
stehen auch alle. Aber die Bereitschaft zu dieser Solidarität besteht nur dann,
wenn erstens nicht mit gezinkten Karten gespielt wird und wenn es zweitens eine
faire und gerechte Verteilung gibt. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Wenn nach den
Abschlüssen, die getätigt wurden, im Bereich der Förderung der europäischen
Großlandwirtschaft keine Abstriche gemacht werden, dann frage ich Sie: Halten
Sie es für gerecht, dass eine österreichische Textilarbeiterin oder ein österreichischer
Bauarbeiter oder ein österreichischer Angestellter oder ein österreichischer
Bauer, alle, die in diesem Land leben, fast drei Mal so viel netto
zur Europäischen Union beiträgt, während auf der anderen Seite der Prinz von
Monaco, der Earl of Marlborough, die britische Königin – um nur einige
dieser Großgrundbesitzer zu nennen – keinen einzigen Euro
mehr zur Finanzierung der EU-Erweiterung beitragen werden, denn sie werden
genauso viel bekommen wie bisher? (Abg. Hornek
macht die so genannte Scheibenwischerbewegung. – Zwischenrufe bei der
ÖVP.)