Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 40

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Oder: Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Dieser Finanzrahmen ist in der Tat ...“ (Abg. Wattaul: Machen wir eine Lesestunde? Ist das eine Leseübung? – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Sie merken, meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen, die Wahrheit ist für die Regierungsparteien unerträg­lich, sie sind nicht einmal im Stande zuzuhören! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Österreich verdient sich etwas Besseres!)

Also die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Dieser Finanzrahmen ist in der Tat Aus­druck der Denkpause, in der sich Europa gerade befindet. Wobei dabei vom Denken nicht viel zu spüren ist.“

Man kann die Zitate und Bewertungen internationaler Zeitungen fortsetzen. (Abg. Dr. Brinek: Es gibt auch ganz andere!) Diese sollten uns zumindest bei all dem Weihrauch, der hier verströmt wird, zum Nachdenken veranlassen, zum Nachdenken darüber, was denn die Substanz dieses Finanzabkommens ist. Und wenn wir in die Substanz eingehen, dann stellen wir fest, dass sich an den bisherigen Ausgaben­strukturen in der Tat wenig geändert hat.

Das heißt zum Beispiel, dass es in der Frage der Landwirtschaftspolitik, die 40 Pro­zent – ich betone: 40 Prozent – aller Ausgaben der Europäischen Union ausmacht, weiterhin so sein wird – Herr Grillitsch, das ist für Sie wichtig (Abg. Hornek: Das ist für Österreich wichtig! Aber das verstehen Sie nicht!) –, dass 6 Prozent der größten europäischen Landwirtschaftsbetriebe 52 Prozent aller Subventionen bekommen wer­den, und das von 40 Prozent des gesamten Haushaltes, während 53 Prozent der kleinsten europäischen Landwirtschaften, also unsere Bergbauern und andere Land­wirte, nur 4 Prozent bekommen werden. (Rufe bei der SPÖ: Hört, hört!) Das ist die Realität von Gerechtigkeit oder, besser gesagt, von Ungerechtigkeit in dieser Euro­päischen Union! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... Klassenkampf! – Anhaltende Zwischen­rufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, Sie sollten dem Abgeordneten Scheuch zuhören! Er ist der Meinung, dass das Hinweisen darauf, dass die Kleinbauern weiterhin nichts oder wenig bekommen und die Großbetriebe alles bekommen, Klassenkampf ist. Dies sei nur deshalb bemerkt, damit Sie mitbekommen, wie die Kategorien von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit nach der Lesart der Regierungsparteien ausschauen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, niemand hier im Hohen Haus wird be­zweifeln, dass die EU-Erweiterung nicht aus der Portokasse zu bezahlen ist und dass sie selbstverständlich zusätzlicher Finanzmittel bedarf. Das wissen alle, und dazu stehen auch alle. Aber die Bereitschaft zu dieser Solidarität besteht nur dann, wenn erstens nicht mit gezinkten Karten gespielt wird und wenn es zweitens eine faire und gerechte Verteilung gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn nach den Abschlüssen, die getätigt wurden, im Bereich der Förderung der europäischen Großlandwirtschaft keine Abstriche gemacht werden, dann frage ich Sie: Halten Sie es für gerecht, dass eine österreichische Textilarbeiterin oder ein öster­reichischer Bauarbeiter oder ein österreichischer Angestellter oder ein österreichischer Bauer, alle, die in diesem Land leben, fast drei Mal so viel netto zur Europäischen Union beiträgt, während auf der anderen Seite der Prinz von Monaco, der Earl of Marlborough, die britische Königin – um nur einige dieser Großgrundbesitzer zu nen­nen – keinen einzigen Euro mehr zur Finanzierung der EU-Erweiterung beitragen werden, denn sie werden genauso viel bekommen wie bisher? (Abg. Hornek macht die so genannte Scheibenwischerbewegung. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


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