Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 46

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Was die Summen insgesamt betrifft, muss ich sagen, hält sich meine Erregung nicht nur in Grenzen, sondern ich finde das albern, wie hier in Österreich und anderswo in Europa über weniger als 1 Prozent des BIP gerungen, gestritten wird, geradeso, als ob das in irgendeiner Weise die europäischen Finanzen durcheinander bringen würde. Nur zur Erinnerung, meine Damen und Herren – hier im Saal wissen das natürlich alle, aber sonst vielleicht nicht alle –: Wir reden hier von einem Bruttobeitrag an die Euro­päische Union von Seiten Österreichs von rund 1 Prozent der Wirtschaftskraft, des Bruttoinlandsprodukts! Österreich gibt innerhalb seiner Grenzen – Bund, Länder und Gemeinden – jedes Jahr das Fünfundvierzigfache davon aus. Das Fünfundvierzig­fache! Und da sollen wir uns echauffieren über dieses 1 Prozent? Schon von der Größenordnung her ist das absurd.

Ebenso absurd angesichts dieses bescheidenen Budgetrahmens ist, wie von Europa oder von Brüssel die Lösung aller möglichen Probleme verlangt wird. Immer noch gehen über 40 Prozent des europäischen Budgets in die Landwirtschaft, davon zu viel in die industrielle Landwirtschaft, und der Rest in mehr oder weniger sinnvolle Projekte im Bereich der Kohäsion, im Bereich der Grenzlandförderung, im Bereich des länd­lichen Raumes, aber das ist weniger als ein halbes Prozent des BIP der Union. In Österreich allein wollen wir zum Beispiel 3 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgeben. Das ist Konsens hier im Haus, das ist ein Vielfaches von dem, allein auf diesem Gebiet, was aus Brüssel zu erwarten ist.

In diesem Punkt jedenfalls stimme ich mit Kanzler Schüssel überein: Die Summen, über die wir hier reden, werden die Welt nicht bewegen, sondern im Gegenteil: Sie sind wahrscheinlich zu niedrig. Ich sympathisiere eher mit den ursprünglichen Vorschlägen des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission, die beide über dem jetzigen Finanzvorschlag gelegen sind. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist auch vollkommen richtig: Wer die Erweiterung der EU-15 auf die EU-25 unter­stützt, und das war hier im Hause praktisch einstimmig der Fall, der muss sich auch darüber im Klaren sein, dass das etwas kosten wird. Selbstverständlich wird das etwas kosten. Dieses Aufbauprogramm für die EU-10, für die neuen Mitgliedsländer, bezie­hungsweise bald auch für Bulgarien und Rumänien und später dann für Kroatien und Mazedonien ist notwendig, richtig und wichtig. Gerade Österreich wird von diesem Aufbauprogramm in erster Linie wirtschaftlich profitieren, und das wird wenigstens bis zu einem bestimmten Ausmaß die höheren Nettobeiträge Österreichs nach Brüssel kompensieren.

Das ist alles richtig, und schon allein deswegen, finde ich, sollten wir uns davor hüten, in Klagen darüber auszubrechen, dass Österreich in Zukunft mehr zahlen wird. Sind wir denn auf der anderen Seite bedrückt darüber, dass Österreich das dritt- oder viert- oder fünftreichste Land der Union ist? Das hören wir in der Regel doch gerne. Wir sind nicht reich, aber im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten sind wir das dritt- oder fünftreichste Land. Selbstverständlich wird Österreich schon daher seinen Beitrag zu leisten haben.

Ich hätte mir gewünscht, Herr Bundeskanzler, dass Sie diese Aspekte schon früher in die Diskussion eingebracht hätten, eben als Aufklärungsarbeit auch in Österreich, denn vom Marketing her, muss ich sagen, bin ich manchmal etwas bedrückt über die Vor­gangs­weise. Wir reden hier über 850, 950, 1 000 Milliarden €. Das liest die Bür­gerin/der Bürger jeden Tag in der Zeitung, und ich weiß nicht, wie viele Leute in Österreich wissen, dass das kumulierte Zahlen sind, über sieben Jahre aufaddierte Zahlen. Wenn wir das Bundesbudget hier im Haus über sieben Jahre aufaddieren würden, dann würden uns auch allen die Grausbirnen aufsteigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist vollkommen irreführend, wie hier auf europäischer Ebene über Budgets debattiert wird.

 


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