Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 75

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Zukunft so halten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Sozialpartnerschaft heißt verhandeln, nicht auf der Straße ...!)

Ich halte es für ein seltsames Demokratieverständnis, wenn man das Eintreten für ein soziales Europa, für ein Europa des Wohlstandes als Miesmacherei bezeichnet. Das haben Sie gesagt! Ich bin der Auffassung, dass es nach wie vor darum gehen wird, dass wir die Stimme für ein soziales Europa erheben und nicht nur für ein Europa der Wirtschaft. (Abg. Mag. Molterer: Aber gemeinsam!) Ich glaube, das ganz Entscheiden­de ist, dass man hier gemeinsam vorgeht. Es hindert Sie niemand daran, am 20. Jän­ner mit dabei zu sein, Herr Klubobmann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Demonstrieren heißt das! – Abg. Dr. Stummvoll: Verhandeln, aber nicht auf die Straße gehen!) – Das haben Sie bei der Pensionsreform auch schon gesagt. Die Antwort hat die Bevölkerung gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Euro-Barometer, vor kurzem wieder veröffentlicht, die Debatte um die Verfassung, nicht nur hier, sondern in ganz Europa, das Steuerdumping, das immer wieder Gegenstand öffentlicher Debatten ist, auf der einen Seite Gewinnexplosionen für manche, auf der anderen Seite das Verlassen der gemeinsamen Linie, Arbeit zu schaffen, indem man einfach sagt: Wir werfen der Politik die Arbeitslosen vor die Tür, die sollen sich um die Arbeitslosen kümmern, wir Unternehmer haben andere Ziele!, das kann nicht das zukünftige Projekt Europa sein.

Da man in Europa davon spricht, dass man zuhören möchte: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, die Bürgerinnen und Bürger dieses Europas und damit auch die Österreicherinnen und Österreicher haben im Jahr 2000 zugehört, als die Lissabon-Ziele formuliert worden sind: Wachstum, Wohlstand, wis­sens­basierte Gesellschaft, Beschäftigung soll geschaffen werden. Da fällt mir nur der Spruch ein: Die Worte hörte ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!, wenn ich an die Realität denke.

Ist es Wohlstand, Herr Abgeordneter Stummvoll, wenn zurzeit 32 Millionen in Europa Arbeit suchen? Sie sagen, die Statistik stimmt nicht. 24. Oktober in Anwesenheit des Bundeskanzlers, des Wirtschaftsministers und der Sozialpartner, Kommissar Špidla von der Europäischen Kommission: Wir haben 19 Millionen Arbeitslose und 13 Mil­lionen zusätzlich, die Arbeit suchen. 32 Millionen Menschen suchen, aber nicht, weil sie sich verändern wollen, sondern weil sie keine Hackn haben, ganz trocken gesagt, Herr Abgeordneter. Das ist das ganz Entscheidende! (Beifall bei der SPÖ.)

Kann man es als Wohlstand bezeichnen, wenn in der „ZiB 3“ von vergangenem Montag eine Umfrage der Industriellenvereinigung zitiert wird, die feststellt – wörtliches Zitat –: „Um den Standort Österreich zu sichern, seien Lohnkürzungen unvermeidbar – auch gegen den Willen der Gewerkschaften, ...“?

1 700 € Bruttodurchschnittseinkommen in Österreich. Lohnkürzungen sind unver­meid­bar. Ist das die Botschaft für ein Europa? Ist es eine nachvollziehbare Politik, wenn der Frühjahrsgipfel der Europäischen Union angesichts der Debatten um die Verfassung feststellt, dass die Kommission aufgefordert wird, einen neuen Vorschlag zur Dienst­leis­tungsrichtlinie zu machen, und bis jetzt nichts passiert ist? Ist das europäische Politik, die wir eigentlich einfordern?

Ich denke daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es auch nicht europäische Politik ist, wenn man die Neuordnung der Dienstleistung dazu benützen möchte, sich darüber hinwegzuschwindeln, europäische Standards zu schaffen, und den Weg des Herkunftslandprinzips geht, weil das andere viel zu kompliziert ist.

 


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