Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 77

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Dieser Berufung wird der vorliegende Vorschlag der Kommission allerdings nicht gerecht. Denn die Europäische Union hat sich mit der im März 2000 beschlossenen „Lissabon-Strategie“ das Ziel gesetzt, innerhalb von zehn Jahren zum wettbewerbs­fähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Die „Lissabon-Strategie“, die zu einem dauerhaften Wirtschaftswachstum, zu mehr Beschäftigung („Vollbeschäftigung“) und besseren Arbeitsplätzen und zu mehr sozialem Zusammenhalt führen sollte, enthält drei zentrale Zielsetzungen: die Vor­bereitung des Übergangs zu einer wissensbasierten Wirtschaft, mehr Wachstum durch geeigneten makroökonomischen Policy-mix und die Modernisierung des europäischen Gesellschaftsmodells. Mit dem Gipfel von Göteborg 2001 wurde das Projekt durch eine umweltpolitische Dimension ergänzt. Die Lissabon-Strategie ist auf eine effiziente Verschränkung der Wirtschafts-, Umwelt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik gerichtet, die den gemeinsamen Werten der Solidarität und der nachhaltigen Entwicklung ver­pflichtet sein soll. Der Vorschlag der Kommission nimmt weder auf das Ziel Vollbe­schäftigung, bessere Arbeitsplätze, mehr sozialen Zusammenhalt zu erreichen, noch auf den Gesichtspunkt des Umweltschutzes entsprechend der „Lissabon-Strategie“ Rücksicht. Der Vorschlag zielt vielmehr darauf ab, die von ihm erfassten Dienstleistun­gen zu liberalisieren und die dadurch bewirkten Folgewirkungen ihrerseits ihre Wirkung unabhängig davon entfalten zu lassen, ob die Wirkung in der Vernichtung von Unternehmen – vor allem im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) – oder von Arbeitsplätzen – vor allem in den Ländern mit hohem Niveau an sozialem oder Konsumentenschutz und hohem Lohnniveau – oder darin besteht, dass durch die schrankenlose Einführung des Herkunftsland-Prinzips eine weit reichende Rechts­unsicherheit auf Seiten der Leistungsempfänger bzw. der Empfängerländer entsteht. Der Vorschlag ist daher in dieser Form nicht in Deckung mit den ausdrücklichen Zielen der „Lissabon-Strategie“.

Unter dem Druck der öffentlichen Kritik an dem von der Kommission vorgelegten Richt­linienentwurf sahen sich die Staats- und Regierungschefs schließlich bei ihrem Gipfeltreffen im März 2005 gezwungen zuzugeben, dass – so die diplomatische Formulierung, die dafür gefunden wurde – „die vorliegende Fassung des Richtlinien­vorschlags den Anforderungen nicht in vollem Umfang gerecht wird“. Eine Überar­beitung der Richtlinie wurde in Aussicht gestellt, konkrete Änderungen, die garantieren würden, dass durch die „Dienstleistungsrichtlinie“ weder ein Abbau sozialer Rechte, Lohndumping noch ein Unterlaufen der Bestimmungen des Konsumentenschutzes ermöglicht wird, wurden aber bisher nicht beschlossen.

Mit dem vorliegenden Antrag soll sichergestellt werden, dass die Zielsetzung der Vollendung des Binnenmarktes zum Wohle der in der EU lebenden und arbeitenden Menschen verfolgt und realisiert wird. Dabei reicht die einseitige Konzentration auf Absenkung der Kosten für erbringende und empfangende Unternehmen nicht aus. Es bedarf einer umfassenden Sicht und Abschätzung der Wirkungen. Dies gilt auch in Hinblick auf die andernfalls zu befürchtenden Wirkungen für Akzeptanz europäischer Politik bei den zu erwartenden Verlierern der vorgeschlagenen Maßnahmen (Arbeit­nehmer, KMU u.a.). In dieser Hinsicht ist aber im Lichte der feststellbaren Zunahme von EU-Skepsis und Enttäuschung besondere Sensibilität erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

 


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