Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 173

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eines Landeshauptmannes, der ständig und in wiederholtem Maße Anlass zur Klage bietet. Einen Antrag quasi auf Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof zu stellen, was so etwas wie die Ultima Ratio ist, das macht man nicht alle Tage. Wir haben es bis jetzt noch nicht gemacht, aber in dieser Sache, meine Damen und Herren, ist das Fass schon längst übergelaufen.

Wenn ich jetzt ganz unabhängig vom Anlass der heutigen Diskussion lese, dass der Landeshauptmann von Kärnten heute bekräftigt hat, in seinem rechtswidrigen Verhal­ten zu verharren und es gegebenenfalls zu wiederholen beziehungsweise neuer­lich wieder aufzunehmen, dann zeugt das ja von der absoluten Uneinsichtigkeit, die nicht nur – und das ist ein Aspekt dieses ganzen Problems – eine zutiefst politische Frage ist.

Die Auseinandersetzung um die Rechte der Kärntner zweisprachigen Bevölkerung, nämlich der slowenisch- und deutschsprachigen Bevölkerung der Kärntner Slowenen, ist eine, die das 20. Jahrhundert begleitet hat und die letzten Jahrzehnte ganz beson­ders. Aber diese Frage, um die es jetzt geht, ist eine Frage, wobei ich denke: Wie weit können politische Amtsträger in dieser Republik noch gehen, bis der Bundeskanzler, bis Ministerkolleginnen und -kollegen, bis Regierungsabgeordnete endlich begreifen, dass es kaum ein größeres Ausmaß an Intensität gibt, wie der Rechtsstaat mit Füßen getreten wird, als den Anlassfall für diesen Entschließungsantrag der Grünen?

Was ist passiert? Da werden nicht etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 2001 oder die neuen Erkenntnisse aus dem Jahr 2004 ignoriert bezie­hungsweise nicht beachtet, um den Präsidenten zu verhöhnen, die Richter bloßzu­stellen, nein, sondern da wird eine bestehende Ortstafel, die eine Rechtsgrundlage hat, die in die siebziger Jahre zurückgeht – die bestehende Topographieverordnung auf der einen Seite und die Ortsnamenverordnung auf der anderen Seite; in der Ortsnamen­verordnung steht nur drin, wie die Orte dann zusätzlich zur deutschen Sprache in der slowenischen Sprache tatsächlich zu heißen haben –, eine bestehende Verordnung, die nichts zu tun hat mit den Erkenntnissen der letzten Jahre, eine Ortstafel, die es schon gegeben hat, auf Weisung des Landeshauptmannes wieder abmontiert.

Was, wenn nicht – eine schuldhafte Rechtsverletzung ist es! Es ist ganz eindeutig die gröbste Missachtung, die der Landeshauptmann in diesem Fall, in seiner Eigenschaft für den Vollzug von Minderheitenrechten in Kärnten verantwortlich, begangen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Verwunderung über die sozusagen verbale Empörung, die es über Landes­hauptmann Haider und über seine jetzt politische Vorgangsweise in Bezug auf die Ortstafeln gibt, gibt es in unterschiedlichen Kreisen. Es gibt sogar kritische Stimmen von Seiten der Regierungsparteien oder aus diesen zugehörigen Kreisen. Man kann ja stolz sein, in diesem Land auch Leute zu haben, die nicht nur das, was Haider und Schüssel meinen, was ein Rechtsstaat sei, vertreten, Menschen wie den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Professor Korinek, den ich mit größter Wertschätzung als einen Konservativen bezeichnen würde, ohne das jetzt in einem parteipolitischen Sinn zu meinen, aber in seinen Werthaltungen gibt es zu den jetzigen Regierungs­fraktionen sicher eher Überschneidungen als zu den Oppositionsfraktionen. Das heißt aber nicht, dass wir uns deshalb über alles, was der Herr Präsident des Verfassungs­gerichtshofes sagt, freuen, nämlich in Bezug auf unsere politischen, wenn Sie so wollen, ideologischen und überzeugungsmäßigen Grundlagen.

Aber eines ist in dieser Republik immer klar gewesen: dass die verfassungsmäßigen Organe der Republik und jene, die die Verfassung dieses Landes schützen oder sich schützend vor sie stellen, den Respekt und die Unterstützung von politischen Mandatsträgern haben, ob es jetzt inhaltlich passt oder inhaltlich nicht passt. Das,


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