So
wenig die zuständige Ministerin in den Bereichen Bildung und Wissenschaft ihre
Verantwortung wahrnimmt, so wenig ist sie bereit, im Kulturbereich notwendige
Entscheidungen zu treffen. Darlegen lässt sich dies am Beispiel des
Kunsthistorischen Museums: Hier stellte der Rechnungshof (III-149 d.B.)
zahlreiche Missstände fest. Beanstandet wurde beispielsweise die mangelnde
Inventarisierung von Kunstgegenständen, der Verleih von als nicht verleihbar
bezeichneten Objekten, der Ankauf von Sammlungsgut – von zwei so genannten
Uschebtis (Grabbeigaben) – durch Direktor Wilfried Seipel selbst, die
Wiederbestellung dessen ohne öffentliche Ausschreibung und Befassung des
Kuratoriums, der Anstieg des Gehalts des Direktors um das 2,5fache in den
Jahren 1998-2002, die mangelnde Dokumentation von Reisespesen etc. Prinzipiell
wurde vom Rechnungshof festgestellt, dass die Grundsätze ordnungsgemäßer
Buchhaltung und Bilanzierung vernachlässigt worden sind. Trotz dieser öffentlich
in einem Rechnungshofbericht dokumentierten Missstände zog die zuständige
Bundesministerin keine nachhaltigen Konsequenzen. Sie ist daher – trotz
Ausgliederung – für die Zustände im Kunsthistorischen Museum ebenso wie
der von ihr bestellte Direktor verantwortlich.
Der
Diebstahl der Saliera wirft ein Licht darauf, auf welche Art und Weise von
zuständiger Seite und vor allem von Seiten der zuständigen Bundesministerin mit
Missmanagement im Bereich der Bundesmuseen umgegangen wird. Die Strategie dabei
ist immer die gleiche: Die Verantwortung wird (am besten an Dritte) abgeschoben,
Tatsachen werden in Frage gestellt und umgedeutet, haltlose Vorwürfe erhoben.
Dies lässt sich an einigen Beispielen zeigen:
Gleich
nach dem Einbruch in das Kunsthistorische Museum am 11. Mai 2003, als
erste Kritik an der sicherheitstechnischen Ausstattung des Museums aufkam,
wurde versucht, durch die Konstruktion von internationalen Täterbanden und der
angeblich dahinter steckenden Kunst-Mafia die Verantwortung des
Museumsdirektors klein zu reden. In Wirklichkeit ist der Täter ein Amateur,
der – auch wenn er ein Spezialist für Alarmanlagen ist – keine
Erfahrung in der Durchführung von Einbrüchen und Diebstählen hat.
In
einem zweiten Schritt wurde versucht, die Schuld für den Diebstahl einzig den
Dienst habenden Wachbeamten in die Schuhe zu schieben, die es nach dem Auslösen
des Alarms verabsäumt hatten, persönlich Nachschau zu halten. Experten und der
Täter sind sich jedoch einig, dass selbst ein promptes Reagieren des
Wachpersonals den Diebstahl nicht verhindert hätte. Ernst Geiger, der Leiter
der ermittelnden Kriminaldirektion, meinte: „Der Plan hätte auch funktioniert,
wenn sie [die Wachbeamten, Anm.] gleich reagiert hätten.“ (profil 21,
17.05.2004)
Drittens
wurde die Außensicherung des Kunsthistorischen Museums der Burghauptmannschaft
zugeschoben, was vom zuständigen Beamten des Wirtschaftsministeriums, Franz
Pachner, folgendermaßen kommentiert wird: „Seipel lebt davon, den Ball immer
anderen zuzuschieben. Wenn draußen Bauarbeiten stattfinden, dann hat er dafür
zu sorgen, dass ein Einbruch unmöglich ist. Und besonders wertvolle Gegenstände
hätte er dennoch wegräumen müssen.“ (profil 5, 30.01.2006). Der Chef des
Münzkabinetts im Kunsthistorischen Museum, Günther Dembski, war hier offenbar
vorsichtiger gewesen. Er hatte wertvolle Teile seiner Münzsammlung in einen
Tresor gesperrt und auch intern darüber Mitteilung gemacht. (profil 5,
30.01.2006)
Das
Ziel der Vorgangsweise von Direktor Seipel ist klar: Die Verantwortung für den
Diebstahl sollte anderen zugeschoben werden. Anstatt offen um Aufklärung bemüht
zu sein, wird verschwiegen, „gebunkert“ und uminterpretiert. Selbst nach
Aufklärung der Tat wurde diese Verhaltensweise fortgesetzt. Der Direktor des
Kunsthistorischen Museums beschuldigte die ermittelnden Beamtinnen und Beamten,
einen Deal mit dem Täter abgeschlossen zu haben.