Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 18

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Die Sachlage jedoch ist klar. Die mangelnde sicherheitstechnische Ausstattung hat den Diebstahl zumindest erheblich erleichtert:

Das Baugerüst an der Außenwand – auf dem BK Wolfgang Schüssel plakatiert wurde – war nicht bewacht oder alarmgesichert und wie der Täter beschreibt über eine „Hendlstiege“ (Krone, 29.01.2006) mit Geländer „bequem zu besteigen.“ (profil 5, 30.1.2006)

Die Fenster waren ebenfalls nicht alarmgesichert und sind es laut profil (profil 5, 30.1.2006) bis heute teilweise nicht.

Die Videoanlage war abgeschaltet, wie immer in der Nacht.

Gegen die zahlreichen Fehlalarme wurde nichts unternommen, was eine Desen­sibilisierung der Wachbeamten bewirkte.

Die Saliera-Vitrine, die vom Täter laut eigenen Angaben mit zwei Hieben zerstört wurde (Krone, 29.1.2006), war aus Fensterglas und verfügte nicht über eine elek­tronische Alarmsicherung. Ein Glassturz aus Sicherheitsglas war laut Auskunft des Ex-Chefs der Kunstkammer, Manfred Leithe-Jasper, von Direktor Wilfried Seipel ver­weigert worden. (Krone, 30.1.2006)

Vom ehemaligen Direktor des Kunsthistorischen Museums, Hermann Filitz, wurde generell die Aufstellung der Saliera im Obergeschoß kritisiert, da dieses nur für Gemälde und nicht für Skulpturen bestimmt sei. Zum Schutz der Bilder existiere dort eine Hängesicherung für Bilder, Skulpturen bräuchten aber eine ganz andere Siche­rung. Allerdings beantwortete dieser auch die Frage, welche Konsequenzen er aus einem derartigen Diebstahl gezogen hätte, mit: „Dann wäre ich am nächsten Tag zurückgetreten.“ (Standard, 28./29.1.2006)

Die Begehung durch den Berufsdetektiv Robert Goliasch, der auch Gerichts­sach­verständiger für das Bewachungsgewerbe ist, endete mit dem Urteil: „So schlimm habe ich es mir nicht vorgestellt.“ Konkret kritisierte er unter anderem die mangelnde Präsenz von Wachpersonal in den Schauräumen des Kunsthistorischen Museums, was Vandalismus Tür und Tor öffnet. „Sicherheit wird hier nicht ernst genommen.“ (Salzburger Nachrichten, 17.1.2006) Nachdenklich stimmt hier zusätzlich die Tatsache, dass laut Medienberichten – mittlerweile bestätigt durch eine Aussendung des Kunst­historischen Museums – beim Sicherheitsdienst freie Mitarbeiter ohne sozialver­siche­rungsrechtliche Absicherung mit einem Stundensatz von 6,55 Euro geringfügig beschäftigt sind.

Insgesamt lässt sich konstatieren, dass weder die zuständige Ministerin noch Wilfried Seipel bisher die Verantwortung für die Geschehnisse rund um die Saliera übernom­men hat. Die Sichtweise von Bundesministerin Elisabeth Gehrer: „Es ist bedauerlich, dass es trotz der auf höchstem internationalen Standard befindlichen Sicherheits­standards des KHM zu einem solchen Diebstahl kommen konnte.“ „Auch das beste Sicherheitssystem kann durch menschliches Versagen außer Kraft gesetzt werden.“ (profil 21, 17.05.2004) ist durch die Tatsachen widerlegt. Verständlich scheint das Resümee der Süddeutschen Zeitung, die unter dem Titel: „Die berühmte ‚Saliera’ von Benvenuto Cellini ist nach drei Jahren fast unversehrt aufgetaucht – skandalöser Leichtsinn hat ihren Raub ermöglicht“ konstatierte: „Kaum vorstellbar, dass woanders in Europa bei ähnlicher Sachlage Ministerin und Museumsdirektor noch im Amt wären.“ (Süddeutsche Zeitung, 23.01.2006)

Die Versäumnis-Liste der Bundesministerin im Fall der Restitution der fünf Klimt-Gemälde „Adele Bloch-Bauer I“, „Adele Bloch-Bauer II“, „Apfelbaum“, „Buchen­wald/Bir­kenwald“ und „Häuser in Unterach am Attersee“ an die Erben von Ferdinand Bloch-Bauer ist ebenso lang. Der Schiedsspruch selbst und die Tatsache, dass die Bilder


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