Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 138. Sitzung / Seite 22

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Beispiel weniger als eine Vollzeitarbeit haben, die da oder dort flexibel in der Arbeitswelt stehen, Flexurity tatsächlich in Anspruch zu nehmen? Glauben Sie, dass das bei den 150 Mitarbeitern in der Zuckerfabrik Hohenau, die bei der Rübenernte flexibel waren, bei der Kampagne, die auch einen sicheren, einen gesunden Arbeits­platz hatten, auf fruchtbaren Boden fällt, wenn man bei ihnen von Flexurity spricht? Flexurity ohne Opportunities: das ist ein falscher Weg in der Europäischen Union! Wir brauchen Flexurity und Opportunities, Möglichkeiten zur Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Schauen wir uns an, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt hat! War es im Jahre 2000 noch so, dass – im Jahresdurchschnitt – auf eine offene Stelle sechs Suchende gekom­men sind, so hatten wir mit Ende des Vorjahres die Situation, dass auf eine offene Stelle zwölf Suchende kommen. Zwölf Arbeitsplatzsuchende auf eine offene Stelle, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Interessant ist auch, sich im Detail anzusehen, wie viele offene Stellen mit welcher Qualifikation angeboten werden. Zurzeit gibt es rund 23 800 offene Stellen, so die Statistik des AMS von Ende Jänner 2006. Bei fast 50 Prozent dieser Stellen wird von Arbeitgeberseite nicht mehr als eine Pflichtschulausbildung verlangt, und für 80 Prozent dieser Stellen insgesamt braucht man nicht mehr als eine Pflicht­schul­ausbildung oder einen Lehrabschluss! Und da wird immer von Höherqualifizierung und von mehr Angeboten gesprochen?!

Denken wir nur daran, dass mit heutigem Tage mehr als 5 000 Jugendliche eine Lehrstelle suchen. Und wenn man sich die Stellenangebote des AMS anschaut – Sie können sich diese jederzeit selbst holen –, muss man feststellen, dass mehr als 90 Prozent der Stellenangebote für Lehrstellen erst ab Sommer kommenden Jahres zur Verfügung stehen.

Es wird also nicht ausreichen, zu sagen: Wir brauchen mehr Ausbildung!, sondern es geht darum, diese Möglichkeiten überhaupt erst anzubieten. Wie geht es denn den Menschen, die arbeitslos sind? – Beispiel: eine Frau, 45 Jahre alt, Diplom-Marke­ting/Sales Managerin – übrigens erfolgreich in einem WIFI-Kurs erlernt –, multinati­o­nale Geschäftsverbindungen. Diese Frau ist seit dem Jahr 2003 arbeitslos. 100 Be­werbungen hat sie abgeschickt; alle ergebnislos.

Oder wie geht es einem Schuharbeiter, der 46 Jahre alt ist, davon mehr als 28 Jahre lang in einer Firma gearbeitet hat, die Schuhfirma jedoch zugesperrt hat? (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Dieser Schuharbeiter ist seit dem Jahre 2003 arbeitslos! Seit dem Jahre 2003! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen wir uns die Stellenangebote an – ich wiederhole: Sie können sich diese jederzeit beim Arbeitsmarktservice holen –, und schauen wir, was da verlangt wird, so zum Beispiel von einem Mitarbeiter in der Druckendfertigung: Dieser müsse „akzentfreies Deutsch“ sprechen und mit der „Papierschneidemaschine umgehen“ können. – Für mich ist das nichts anderes als ein verdeckter Hinweis darauf, dass man keine Ausländer beschäftigen will. Das ist doch nichts anderes, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ein weiteres Stellenangebot, wobei bei diesem verlangt wird, dass der Drucker Russisch- und Slowakischkenntnisse haben soll, und dann heißt es weiter: Die Leistung von Überstunden wird erwartet; Entlohnung nach dem Kollektivvertrag. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen Sie sich die Stellenangebote einmal an – und dann reden wir darüber! Ich habe das jedenfalls getan, nicht aus Jux und Tollerei und auch nicht zum Abschreiben. Ich bin sozusagen von meinem Urberuf her Gas- und Wasserleitungsinstallateur. Ich


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