Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / Seite 98

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

gespeichert, das diesen neuen Pass nicht fälschungssicherer macht als seinen Vor­gänger.

Im Ausschuss haben wir die Frage gestellt: Wofür brauchen wir das? – Stellen Sie sich einmal vor – das wäre ein Stück, das Claus Peymann wunderbar inszeniert hätte –, die Frau Innenminister geht einen Kühlschrank kaufen. Das funktioniert so: Sie betrachtet zu Hause den Kühlschrank und sagt: Dieser Kühlschrank funktioniert hervorragend. Er kühlt auf die Idealtemperatur herunter und braucht sehr, sehr wenig Energie. Was tue ich deshalb? Ich muss einen neuen Kühlschrank kaufen.

Natürlich geht die Frau Innenministerin nicht mit dieser Begründung einen Kühlschrank kaufen, aber sie schafft mit dieser Begründung neue Reisepässe an. Und jetzt muss doch, nachdem überall dort, wo die Frau Innenministerin zuständig ist, die Vernunft regiert, das Ganze irgendeinen Grund haben. Es könnte einen sachlichen Grund geben, der aber geleugnet wird, nämlich den Aufbau von europaweiten und später über Europa hinaus gehenden Datenbanken mit biometrischen Daten. Überall, wo man heute Regierungsparteien darauf anspricht, sagen deren Vertreter und Vertreterinnen: Nein, wir denken nicht daran, Datenbanken für biometrische Daten einzurichten. Wir denken nicht daran, das Genom vom Herrn Abgeordneten Stummvoll zu speichern. Wir denken nicht daran, die Fingerabdrücke anderer ÖVP-Abgeordneter, wie der Kolle­gin Brinek, zentral in Brüssel oder in Straßburg zu speichern. Nein, wir denken nicht daran!

Aber warum will man dann Daten wie diese – und das digitalisierte Passfoto ist das erste Datum dieser Art – elektronisch verarbeiten und jetzt einmal auf einem Chip speichern? Warum verlangt man trotz hoher Fälschungssicherheit österreichischer Dokumente ein biometrisches Kriterium nach dem anderen? Warum will man ohne jeden Sicherheitsgewinn nicht nur von allen Menschen in Österreich digitalisierte Fotos anfertigen (Abg. Ellmauer: Pilz hat Angst! Er fürchtet sich!), sondern auch die Fingerabdrücke nehmen und, geht es nach dem BZÖ und der Freiheitlichen Partei, von allen Österreicherinnen und Österreichern auch die Genomdaten, das heißt die genetischen Daten speichern? Warum will man das? Warum werden uns ständig internationale Verträge und Gesetzesvorschläge vorgelegt, in denen Stück für Stück die Weitergabe dieser Daten über Grenzen hinweg in zentrale Datenbanken ermöglicht wird?

Weiters: Warum setzt man sich nicht dafür ein, dass es auf europäischer Ebene eine parlamentarische Kontrolle gibt, einen echten, funktionierenden Datenschutz gibt und einmal eine Grenze gezogen wird, bei der klar ist: Hier endet die polizeiliche Auf­klärung, und hier beginnt der absolute Grundrechtsschutz!? Warum gibt es bis heute keine Erklärung von Seiten der Frau Innenminister, wo diese Grenze ist, welche persönlichen Daten von Österreicherinnen und Österreichern absolut geschützt bleiben?

Wir werden demnächst den Prümer Vertrag, den so genannten Vertrag Schen­gen III verhandeln. Dieser Vertrag ist hinter dem Rücken des Nationalrates letzten Mai international unterschrieben worden. Dem Innenausschuss ist dann mitgeteilt worden: Wir sehen ein, das war ein Fehler, wir hätten euch vorher fragen sollen, aber ihr müsst das jetzt ratifizieren. – Dieser Vertrag steht demnächst zur Ratifizierung an.

Was steht drinnen? – Grenzüberschreitende Übermittlung von bestimmten Daten des Genoms; präventive Datenweitergabe, wenn zum Beispiel Menschen an inter­nationa­len politischen Veranstaltungen teilnehmen. Das Ganze wird getarnt als Anti-Rowdy-Paragraph für Fußballspiele. Doch auf Nachfrage stellt sich heraus, dass zum Beispiel ein internationales Gewerkschaftertreffen von diesem Vertrag und seinen Bestimmun-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite