Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / Seite 215

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20.47.54

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Sehr geehrte Herren Volkanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich für Ihre Arbeit bedanken, nicht nur für die, die Sie machen, sondern auch für jene, die Ihre MitarbeiterInnen machen, weil es jedes Jahr wieder eine Bestätigung dafür ist, wo die Sorgen und Nöte der Menschen liegen. Diese sind hier in diesem Bericht festgehalten, und ich glaube, Sie haben niemanden, der es nicht absichtlich will, übersehen.

Schon allein die Tatsache, dass es 16 000 Fälle im Jahr gibt, zeigt, wie groß der Bedarf ist und vor allem wie groß der Unmut der Bevölkerung darüber ist, dass sie überhaupt zu Ihnen kommen muss, um zu ihrem Recht zu kommen.

Erfreulich ist, dass Ihr Angebot für viele Menschen eine sehr niederschwellige Einrich­tung ist, dass man sich also auch hintraut, um dort seine Probleme und die Missstände vorzubringen. Das finde ich sehr wichtig. Ich glaube, auch die Sendung, die Sie jede Woche machen, ermutigt sehr viele Menschen, zu sagen: So, und jetzt mache ich das auch, denn anders komme ich nicht durch! Dieses Zusammenspiel ist in Summe, wie ich meine, ganz wichtig, um der Bevölkerung auch die Chance zu geben, ihre Rechte einzufordern.

Was den Bericht betrifft, ist es, muss ich sagen, bedauerlich, dass gewisse Dinge sich jedes Jahr wiederholen. Ich habe bereits den letzten Bericht zum Anlass genommen und zur Änderung von vielen Dingen, die dort aufgezeigt worden sind, wo es noch Missstände gibt, entsprechende Entschließungsanträge eingebracht.

Als Beispiel möchte ich nur den Pflegegeldbezug im Antrags- beziehungsweise im Sterbemonat anführen. Ich habe bereits vor Jahren einen Antrag eingebracht, dass es Pflegegeldanspruch im Antrags- und Sterbemonat geben soll. Es haben ÖVP und FPÖ beziehungsweise BZÖ – das muss ich bedauerlicherweise dazusagen – diesen Antrag zwar nicht abgelehnt, aber sie machen es leider so, dass sie eine Behandlung seit Jahren vertagen und deshalb keine Lösung erzielt werden kann, und das finde ich bedauerlich.

Diese Problematik kennen wir, diese Problematik kennt auch die Bundesregierung – mit dem Unterschied, dass die Bundesregierung sagt: Wir kennen diese Problematik, aber das ist uns Wurscht!, und deshalb wird ständig vertagt. Das soll aber nicht die Lösung sein, denn die Volksanwaltschaft legt ihre Berichte nicht deshalb vor, damit dann alle sagen: Es ist uns Wurscht, was da drinnen steht! Diese Berichte sollten eigentlich dazu ermuntern, entsprechend zu handeln, um diese Missstände abzustellen beziehungsweise diese Unklarheiten zu beseitigen.

Eine der Unklarheiten, die in dem vorliegenden Bericht auch wieder sehr stark zum Ausdruck gekommen ist, ist die leidige Geschichte mit dem Behinderten­einstellungs­gesetz. Es ist wirklich so – und wir Grünen waren dagegen –, dass die Kündigungszeit bei Einstellung von behinderten Menschen auf sechs Monate erhöht worden ist. Es gibt keine andere Gruppe von Menschen, der man zumutet, sechs Monate Probezeit zu machen. Das ist eine Diskriminierung, die ausschließlich für Menschen mit Behinde­rung geschaffen worden ist.

Viele Menschen glauben: Jetzt hab’ ich den Job, das passt schon, denn jetzt habe ich einen Kündigungsschutz! Nach fünf Monaten kommen sie jedoch drauf, dass das ein Irrtum war. Sie fliegen raus und haben gar nichts. Sie haben in der Regel keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil sie vorher meistens nicht gearbeitet haben und dieser Anspruch somit nicht gewährt werden kann. Dazu kommt noch, dass viele dadurch auch ihre Familienbeihilfe, die sie vorher hatten, verlieren. Das heißt, sie stehen hinterher schlechter da als vorher. – Auch dieses Problem ist bekannt, dessen


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