Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 28

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Bundeskanzler! Sind Sie dafür, dass sich Österreich nur mehr an Auslandseinsätzen beteiligt, bei denen sichergestellt ist, dass damit zusammenhängende Gefängnisse nach Menschenrechtsstandards geführt wer­den und auch überprüfbar sind?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ehrlich gesagt, ich verstehe jetzt diese Frage nicht ganz. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ein Auslandseinsatz des österreichi­schen Bundesheeres hat ja nichts mit Gefängnissen zu tun, sondern wenn wir bei­spielsweise nach Afghanistan gehen, um zu helfen, demokratische Wahlen im Auftrag der Vereinten Nationen mit zu sichern, dann kann ich das ja nicht abhängig machen davon, wie die Situation in einem Gefangenenhaus irgendwo in Afghanistan ist. (Abg. Schieder: Zum Beispiel die KFOR-Gefängnisse im Kosovo!)

Dazu muss ich ganz offen sagen: Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir unsere Präsenz dort aufrechterhalten im europäischen Namen oder im Namen der UNO, damit wir insgesamt etwas zum Frieden beitragen.

Ich denke, dass die Präsenz der österreichischen Soldaten immer ein stabilitäts­sicherndes Element war. Ich glaube, die Frage der Rechtsstaatlichkeit, der Justizbe­hörden ist ein Thema, das auf der politischen Ebene abgehandelt werden muss. (Abg. Schieder:  ... beim Einsatz, der Einsatzkräfte, Herr Bundeskanzler!)

Abgeordneter Schieder meint, beim Einsatz, trotzdem: Wir haben ja keine Gefäng­nisse, wir betreiben keine Gefängnisse dort. (Abg. Schieder: KFOR!) – KFOR. Wir werden uns einmal gemeinsam anschauen, was Sie jetzt konkret meinen und welche Aktion Sie haben wollen. Ich bin da absolut offen dafür.

Bei den Einsätzen – und das waren die Einsätze, um die wir gebeten worden sind, jetzt im Kongo beispielsweise – haben wir gesagt, wir gehen mit einigen Stabsoffizieren hin, aber nicht mit Truppen. Aber ich kann das nicht abhängig machen von der Situation des Justizwesens oder der Gefängnisse dort. Aber diskutieren wir das in Ruhe. Ich glaube nicht, dass das ein Thema ist, das uns trennen wird. Nur: Es muss praktisch umsetzbar sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Großruck.

 


Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die OSZE-Parlamentarierversammlung hat sich letzte Woche bei ihrer Wintertagung in der Hofburg sehr eindringlich mit der Situation des Islam, mit dem Radikalismus befasst, und das ganz eingehend diskutiert.

Meine Frage: Herr Bundeskanzler, welche Perspektiven sehen Sie, um den Herausfor­derungen des radikalen Islamismus erfolgreich entgegenzutreten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Indem wir mit Festigkeit unser europäisches Lebensmodell verteidigen.

Mir hat zum Beispiel überhaupt nicht gefallen, dass jetzt manche versuchen, den Euro­päern eine Diskussion darüber aufzuzwingen, ob wir in Europa nicht Straftatbestände über Islamophobie schaffen sollten. Mit Verlaub gesagt: Wir Österreicher kommen ohne so etwas aus, weil wir wirklich mit allen Gruppen, mit allen Religionen in Öster­reich einen erstklassigen Dialog führen können – auch in den schwierigsten Zeiten.

Ich glaube, dass diese Festigkeit und die Dialogbereitschaft der einzige Weg sind, dem Hass, den Radikalen, den Fundamentalisten auf allen Seiten das Wasser abzugraben.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite