Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 42

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9.55.32

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Sie sollten uns nicht vorwerfen, dass wir Sie nicht auch loben. Herr Bundeskanzler, einen guten Futterverwerter nennt man jemanden, der wenig isst und trotzdem zunimmt. Sie sind einer, der sehr wenig Erfolg zu berichten hat und sich trotzdem so hinstellt. Das finde ich bewundernswert, wie Sie das machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Und das Zweite, Herr Bundeskanzler, ist Folgendes – ich will Sie auch in einem zweiten Punkt noch loben und anerkennen: Es ist nämlich unbestreitbar, dass die österreichische Präsidentschaft die Organisation der Präsidentschaft sehr professionell durchführt. Das bestreiten wir nicht. Und ich glaube auch, dass das Klima, das Sie in den Sitzungen verbreiten, durchaus positiv zu nennen ist; das bestreiten wir auch nicht. Was wir aber bestreiten, ist, dass das, was Sie uns hier als Ihr Vorhaben berichtet haben, und das, was Sie uns hier als Ihr Ergebnis berichtet haben, besonders anspruchsvoll gewesen wäre.

Lassen Sie es mich an zwei, vielleicht drei Dringen darstellen: Sie selbst – ich zitiere Bundeskanzler Schüssel – sagen:

„Die Konjunktur ist gut. Wenn wir uns anstrengen, könnten wir zwei Millionen Arbeitsplätze pro Jahr schaffen.“

Ja, es wäre eine tolle Geschichte, wenn das etwas wäre, nur: Müssen Sie sich dafür überhaupt anstrengen, Herr Bundeskanzler? – Die Antwort ist: Nein, Sie müssen sich überhaupt nicht anstrengen! Das ist nämlich genau das, was die Wirtschaftsforscher prognostizieren. Sie haben sich Ihr Ziel genau dort festgelegt, wo es ohnedies eintritt, und sagen dann: Das war unser anspruchsvolles Ziel!, und wenn es dann eingelöst werden sollte, dann sagen Sie: Das waren wir! – Das waren überhaupt nicht Sie! Wenn es eingelöst wird, dann waren es die Wirtschaftsforscher, die richtig prognostiziert haben. Sie haben dazu wenig, um nicht zu sagen gar nichts beigetragen. (Abg. Scheibner: Die Wirtschaftsforscher schaffen Arbeitsplätze?)

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt ansprechen: Sie haben auch heute wieder gesagt und die Frau Außenministerin hat in der „Pressestunde“ gesagt und Sie haben auch letzte Woche in Brüssel immer wieder gesagt, der Staat schaffe keine Arbeits­plätze, das schaffen nur die Unternehmer. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) – Toll!

Nur: Darf ich Sie fragen, Herr Bundeskanzler, wer eigentlich für die Dinge zuständig ist, die in der Lissabon-Strategie vereinbart sind? Wer ist denn das, der Infrastruktur­investitionen zahlt? Ist das der Staat oder sind das die Unternehmen? Wer macht denn das mit den Straßen und mit den Schienen und mit der Kanalisation?

Oder lassen Sie mich ein Zweites fragen: Wie ist denn das mit der Bildung, die so wichtig ist, um den Standort Europa zu retten? Wer zahlt die Schulen und die Lehrer? Wer macht das mit den Universitäten? (Abg. Großruck: Der Steuerzahler!) Machen das alles die Unternehmer oder macht das der Staat mit den Mitteln der Steuerzahler?

Herr Bürgermeister, das ist doch ein bisschen billig! (Abg. Großruck: Und damit auch wieder die Wirtschaft!) Also macht es der Staat oder macht es nicht der Staat? – Nein, es machen die Lohnsteuerzahler den Hauptteil davon. Da irren Sie auch!

Ich frage Sie einfach nur: Schafft der Staat Arbeitsplätze – kann er oder kann er nicht? (Abg. Rädler: Das war ja das Versprechen der SPÖ: Wir schaffen Arbeitsplätze!) Wer finanziert denn die Grundlagenforschung, wenn nicht der Staat sie finanziert? Bei der anwendungsorientierten Forschung, da sind natürlich die Unternehmen tätig, ja – aber bei der Grundlagenforschung sagen Sie mir doch bitte nicht, dass das die Privaten finanzieren! (Abg. Mag. Hakl: Deswegen geben wir ja so viel Geld ...!) – Diese Gelder,


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