Körper beeinträchtigenden Therapie zu 50 Prozent den Tod bedeutet. Das war ziemlich schlimm für mich, für uns, seine Angehörigen. Die Frau dieses Patienten hat sich vor wenigen Wochen in selbstmörderischer Absicht in einen Fluss gestürzt. Er hatte zwei erwachsene Kinder. Die sind zu mir gekommen und haben gesagt: Wir möchten mit unserem Papa noch einmal nach Jesolo fahren, wo wir mit ihm als Kinder gespielt haben.
Mein Chef hat es verboten, weil zu riskant. Und jetzt sage ich etwas, was ich vielleicht nicht sagen sollte. Der Chef ist dann auf Urlaub gefahren. Ich habe nochmals mit den Kindern geredet und habe gesagt: Okay, fahren Sie! Sie kamen nach zehn Tagen zurück, der Patient kam wieder zu mir und ist dann nach drei Tagen verstorben. Ich war dabei bis 4 Uhr in der Früh. Neben der ganzen Trauer der Kinder hat trotzdem die Freude und die Befriedigung durchgeklungen, mit dem Vater noch einmal dort gewesen zu sein, wo sie schon als Kinder waren. Ich habe auch keine Therapie gemacht, und das hat wahrscheinlich auch zur Lebensverkürzung beigetragen.
Um so etwas geht es: dass Patienten, wenn sie einmal nicht mehr in der Lage sind, das selbst zu wünschen, das jemandem sagen können, der dann darüber verfügen kann. Ich halte diese Verfügung, diesen Wunsch nach Verfügung über mein Leben für keinen Anschlag gegen den göttlichen Willen. Wenn mir ein Leben geschenkt wird, von wem auch immer – das kann man jetzt religiös oder anders betrachten –, ein Geschenk darf man auch zurückgeben. Das haben Geschenke so an sich, sonst sind sie kein Geschenk.
Wenn die Autonomie des Patienten von Leuten unterminiert
werden soll, die sagen, das ist mir alles Wurscht, neben dem Recht auf Leben
will ich dem Patienten auch die Pflicht zum Leben aufoktroyieren, dann sage
ich: Wir sollten uns nicht anmaßen, anderen Menschen eine Pflicht zum Leben
über den Kopf zu stülpen. Darum finde ich solch eine Verfügung notwendig und
gut. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
Es ist ein erster Schritt, ein zaghafter Schritt. Durch viele Kompromisse, durch viele kritische, berechtigte und teilweise auch sehr unberechtigte Bemerkungen hat sich das in die Länge gezogen. Man hat manches verwässert.
Wir Grüne stimmen daher erst in dritter Lesung zu und bringen auch einen Abänderungsantrag, dessen Motive ich jetzt schon angedeutet habe und die ich noch kurz ausführen will, dazu ein.
Was mir nicht gefällt: Wenn ich mein Leben autonom bestimmen will – es dreht sich nicht nur um den Tod –, so will ich auch als Lebender – mein Leben ist ein Wert – beeinflussen, welche Therapie ich will oder nicht. Das steht jedem zu. Auch Sie können beim Zahnarzt sagen: Machen Sie das oder das! Warum soll es in heikleren Fällen plötzlich verboten sein? Wir sollen Kranke als Partner erleben und nicht als Untertanen und dem System ohnmächtig Ausgelieferte. Das ist heutzutage keine Einstellung mehr, auch wenn sie sich noch nicht durchgesetzt hat.
Wenn ich diesen freien Wunsch der PatientInnen jetzt als Grundrecht betrachte, kommt es mir schon komisch vor, dass ein Grundrecht von StaatsbürgerInnen erst erkauft werden muss durch Bezahlung beim Notar, Rechtsanwalt oder sonst wo. Grundrechte müssen selbstverständlich sein und haben keinen Preis. Die sind kostenlos. Ich darf auch kostenlos meine Meinung sagen. Das nächste Mal kommt noch ein Antrag, dass ich meine Meinung nur sagen darf, wenn ich etwas zahle; vielleicht dem Parlamentspräsidenten oder einem Klubobmann. Wohin kommen wir da? Also das sollte geändert werden!
Minderheitenprogramme hin oder her. Ein Grundrecht kann doch kein Minderheitenprogramm sein. Das ist ein Widerspruch an und für sich. Es werden nur wenige tun,