Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 94

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weil sich nur wenige mit dem Tod oder mit kritischen Situationen ihres Lebens beschäftigen. Okay, das ist ihr Recht, verdrängen ist auch ein Menschenrecht. Da kann man sich fragen – das ist jetzt vielleicht das Krasseste, was ich sagen kann –: Warum muss eine ärztliche Beratung, die ich im Prinzip befürworte, auch für jeden ver­pflichtend sein, der nicht an die Schulmedizin glaubt? Manche glauben an die Schamanen, an die tanzenden Derwische, an Bachblüten. Das ist auch ihr Recht, das ich irgendwo akzeptieren muss. Warum nicht? Warum hat man da so viel Angst?

Die Patientenanwaltschaften sind ein Ärgernis, das der Föderalismus uns bringt. Das sollten wir uns auch einmal eingestehen, wenn die Länder jetzt in ihre Begutachtungen hineinschreiben: Diese Kosten tragen wir nicht. Wir statten unsere Patienten­anwalt­schaft nicht so aus, dass sie Leute beraten könnten, wie eine Patientenverfügung sein soll oder nicht.

Ich finde es auch etwas kritisch, hineinzuschreiben, dieses Recht oder die Verbind­lichkeit einer Verfügung ist unwirksam, wenn sich der Stand der medizinischen Wis­senschaft bedeutend geändert hat. Wenn Sie wissen, wie Wissenschafter streiten, was der Stand der Wissenschaft einerseits und was eine bedeutende Entwicklung andererseits ist, finde ich immer wieder Hebel, den Patientenwillen sozusagen ... (Abg. Dr. Fekter: Das ist ein klassischer Irrtum! Da unterliegt er einem Irrtum, wenn er geheilt werden könnte!) – Das verstehe ich auch. Aber im Gesetz steht: Wenn entscheidende Änderungen in der Wissenschaft eintreten, wenn sich die Bedingungen geändert haben.

Aber wissen Sie, ich habe auch erlebt, dass man einem Leukämiekranken Knochen­mark transplantiert hat. Der war im sterilen Zelt. Er hat dann durch die Therapie einen Herzinfarkt bekommen und alle sind unsteril mit den Straßenschuhen hineingerannt und haben ihn wiederbelebt. Er hat aus Augen, Ohren, Mund und Nase geblutet und ist elendiglich verreckt. Das muss man auch sehen! Natürlich hätten wir ihn vielleicht noch vier, fünf Tage leben lassen können. Aber das sind Grenzsituationen, die manche Leute nicht verstehen. Warum sollen Patienten solche Grenzsituationen nicht auch überdenken und sich für diese wappnen? Auch als Gesunde? Das kann also kein Minderheitenprogramm sein.

Kurzum: Wir stimmen trotzdem zu, weil ich fürchte, dass, ich sage jetzt nicht finstere Mächte, aber dass doch sehr konservative Kreise Leuten etwas vorenthalten und Verdachtsmomente dort orten, wo sie nicht in diesem massiven Ausmaß, wie sie ausgesprochen werden, zu befürchten sind.

Wir sprechen uns für dieses Gesetz aus, weil es ein Schritt ist und wir – erfreulicher­weise von Seiten der Regierungsparteien – Abänderungsvorschläge und Feststellun­gen des Ausschusses herausverhandeln oder hineinverhandeln konnten, die eine Evaluierung des Gesetzes auf Stärken und Schwächen ermöglichen und dann vielleicht einen breiteren, hürdenfreieren Zugang zu dieser Verfügung ermöglichen und einige Verbesserungen gestatten, die ich für notwendig halte. Aber insgesamt bedanke ich mich auch, dass man diesen Schritt gesetzt hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald hat soeben den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen in seinen Kernpunkten erläutert, damit auch ordnungsgemäß eingebracht. Er ist auch ausreichend unterstützt.

Auf Grund seines Umfanges lasse ich diesen Antrag gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an alle Abgeordneten verteilen. Er steht damit auch mit in Verhandlung.

 


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