Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 151

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Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Matznetter, es ist jetzt genug! Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.) Bitte keinen Beifall!

Am Wort ist der Herr Finanzminister.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Hohes Haus! Ich darf darüber informieren, dass in diesem Prüfbericht der Oesterreichischen National­bank aus dem Jahr 2001 kein Wort über ein Engagement der BAWAG in der Karibik von 500 Millionen € aus dem Jahr 1995 enthalten ist, dass kein Wort über ein weiteres Engagement von 500 Millionen € aus dem Jahr 1998 enthalten ist und dass kein Wort über ein weiteres Engagement von 350 Millionen € im Jahr 2000 enthalten ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Ich darf davon berichten, dass es im Prüfbericht kein Wort darüber gibt, dass es zu deutlichen Verlusten durch diese Karibik-Spekulationen gekommen ist. Ich darf darüber berichten, dass es in diesem Prüfbericht mit keinem Wort einen Hinweis auf eine Haftung gibt, die der Österreichische Gewerkschaftsbund übernommen hat. Ich muss darüber berichten, dass es mit keinem Wort einen Hinweis darauf gibt, dass die Wirtschaftsprüfer ein Problem gesehen hätten, die Bilanzen der BAWAG zu erstellen.

Meine Damen und Herren, Sie müssen darüber hinaus beachten, wie eine Aufsicht funktioniert. In Österreich gibt es einen Stufenaufbau der Aufsicht. Stufe 1 – der Vorstand: Dieser ist natürlich zur Sorgfalt verpflichtet. Stufe 2 – eine interne Revision. Stufe 3 – der Aufsichtsrat der Bank: Dieser hat selbstverständlich die Kontrolle der Bank durchzuführen. Stufe 4 – der Wirtschaftsprüfer: Hauptaufgabe des Wirt­schafts­prüfers ist es, die Werthaltigkeit von Forderungen beziehungsweise Verbind­lichkeiten zu bewerten, weil das ja die Voraussetzung dafür ist, ob man eine Bilanz testieren kann oder nicht. (Abg. Dr. Matznetter: Ohne interne Revision!) Fünfte Stufe – die Aufsicht selbst.

Ich muss Ihnen leider sagen, dass ich auf Grund meiner bisherigen Recherchen den Eindruck gewonnen habe, dass man ganz bewusst und vorsätzlich an der Aufsicht vorbei agiert hat und die Aufsicht falsch informiert hat. Um die Verantwortung klar­zulegen: Fünf Jahre lang waren sozialdemokratische Finanzminister in Verantwortung, knapp zwei Jahre meine Person, als das Bundesministerium für Finanzen noch die Verantwortung hatte. Seit vier Jahren trägt jetzt die unabhängige, weisungsfreie Finanzmarktaufsicht die Verantwortung, und über diesen gesamten Zeitraum ist es keinem der Verantwortungsträger gelungen, diese Malversationen aufzudecken! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Meine Damen und Herren, ich hätte das, was ich jetzt sagen werde, sonst nicht gesagt, aber ich muss es doch zur Sprache bringen, wenn man mir hier vorwirft, dass ich für diesen Skandal Verantwortung trage, wenn man sagt: Grasser ist schuld!, und gleichzeitig Abgeordneter Gusenbauer gesagt hat: Verzetnitsch hat sich nichts zu­schulden kommen lassen, Verzetnitsch hat alles richtig gemacht! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ich hätte hier nicht mit Parteipolitik begonnen, weil ich glaube, dass die Sachlichkeit das oberste Gebot ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn man mir aber hier vorwirft, ich hätte Schuld an diesem Finanzskandal (Abg. Öllinger: Ich fange gleich an zu weinen!), dann muss ich Ihnen einfach sagen, dass mein Eindruck ist, dass Fritz Verzetnitsch, der bis vor kurzem in Ihren Reihen als Parlamentarier neben anderen Gewerkschaftsfunktionären gesessen ist, offensichtlich alles gewusst hat und dass er ganz bewusst in Kauf genommen hat, dass nicht informiert wird, dass er zugeschaut


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