Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 164

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10 Prozent an Temelín halten würden, wie würden wir dann heute dastehen? (Ironische Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

So geht das nicht, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie!

Zweiter Punkt, was BAWAG und ÖGB betrifft: Eine starke Gewerkschaft braucht Ver­mögen. Eine starke Gewerkschaft braucht liquide finanzielle Mittel, um im Ernstfall einen Streik durchstehen zu können oder, vorsichtiger ausgedrückt, um glaubwürdig mit einem Streik drohen zu können.

Aber ist es wirklich vernünftig, frage ich Sie eindringlich, das gesamte Vermögen der Institution ÖGB einer einzigen Institution anzuvertrauen? Würden Sie so als Privat­person handeln? Angenommen Sie hätten ein gewisses Privatvermögen, würden Sie wirklich so handeln?

Schon aus dem Gesichtspunkt der Risikostreuung ist es geboten, die Veranlagung dieses Vermögens breiter zu streuen als nur bei einer einzigen Institution – abge­sehen davon, dass diese Institution auch einmal Pleite gehen könnte, wie wir jetzt wissen.

Nächster Punkt: Ist es wirklich vernünftig, den Streikfonds, wie ich den Medien entnommen habe, zum Teil – wenn nicht gar zur Hälfte oder sogar noch mehr als zur Hälfte – als BAWAG-Aktien zu halten? Ausgerechnet als BAWAG-Aktien? Wie wollen Sie das im Streikfall zu liquiden finanziellen Mitteln machen? Wollen Sie diese BAWAG-Aktien bei der BAWAG beleihen? – Das geht doch nicht! Wollen Sie damit zur CA oder zur Ersten gehen und sagen: Wir haben hier 3 Prozent BAWAG-Aktien, bitte belehnen Sie mir das, weil wir einen Streik vor uns haben!?

Das alles ist ja unvorstellbar! Das muss anders organisiert werden! Dafür brauchen Sie keine eigene Bank. Im Gegenteil: Die Glaubwürdigkeit der Interessenvertretung ÖGB – und das ist mir ein ganz wichtiger Punkt – wird durch das Eigentum an der BAWAG eher beschädigt als gefördert. Bitte überlegen Sie sich das! Ganz generell. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Diesen Interessenkonflikt, sich einerseits eine Cash-Cow zu halten – jedenfalls hoffen Sie, dass diese Bank das ist, eine Bank, die Dividenden ausschütten soll, und zwar Dividenden, die natürlich auf Gewinnen beruhen müssen und die auch, wenn es sein muss, auf Gewinnen aus internationalen Finanzspekulationen beruhen – und anderer­seits 24 Stunden am Tag zu beklagen, wie schlimm nicht diese internationalen Finanz­spekulanten sind – heute war zum Beispiel von Erich Haider aus Oberösterreich wieder zu hören, wie ich leidvoll der APA entnommen habe, das sei wirklich pfui und furchtbar und schrecklich; aber bei der BAWAG ist es in Ordnung! –, werden Sie auf die Dauer nicht aushalten, das geht nicht zusammen. Trennen Sie sich von dieser Bank!

In der Person Tumpel wird ja nur personifiziert, was das grundsätzliche Problem ist: Gerade Präsident Tumpel wurde nie müde – und wird bis heute nicht müde –, bei jeder Gelegenheit zu klagen, der Turbo-Kapitalismus und die Finanzmärkte und die Glo­balisierung, all das sei furchtbar auf dieser Welt, aber wenn es die BAWAG macht, dann ist es offensichtlich in Ordnung. (Abg. Kopf: Wo er Aufsichtsratspräsident war!)

Herr Tumpel persönlich hat zehn Jahre lang den Aufsichtsrat in der BAWAG präsidiert, und während seiner Amtszeit sind zweimal Entscheidungen gefallen, die Karibik-Geschäfte zu tätigen beziehungsweise wieder aufzunehmen – zuerst mit General­direktor Flöttl und dann mit Generaldirektor Elsner. Damals war das in Ordnung, heute will er sich offensichtlich nicht daran erinnern können.

Das ist auch bei Tumpel ein schwerwiegendes Glaubwürdigkeitsdefizit, meine Damen und Herren! Die Arbeiterkammer muss sich wirklich überlegen, ob die Interessen der


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