Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 49

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die Urteile denken, die unter anderem die Stellung der Religionen und religiöser Symbole in der Öffentlichkeit betroffen haben, auch die Frage der Zulässigkeit von Begrenzungen der Freiheit der Meinungsäußerung, der Information oder der Kunst und ihrer Abwägung gegenüber anderen Rechtsgütern.

Auch die Richtlinie des Europarats zum Schutz der Menschenrechte bei der Ter­rorismusbekämpfung ist ein wesentlicher Teil dieser Arbeit und führt uns die aktuelle politische Relevanz des Europarates eindrücklich vor Augen, wenn wir etwa an die derzeitigen Bemühungen denken, die Vorwürfe betreffend illegale Überflüge zwecks Gefangenentransporte, geheimen Freiheitsentzug und geheime Gefangenenlager zu untersuchen und aufzuklären. Diesen Bemühungen liegt eine gemeinsame euro­päische Haltung zugrunde: Im Kampf gegen den Terrorismus darf es keine rechtsfreien Räume geben. Die Menschenrechte und die humanitären Standards, insbesondere das absolute Folterverbot, sind einzuhalten. Alle diesbezüglichen Anstrengungen des Europarates werden von Österreich voll unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das heutige Europa wäre ohne den Europarat nicht vorstellbar. Das gilt auch und insbesondere für die Überwindung der Teilung Europas. Seit dem Fall der Berliner Mauer und der Überwindung der Teilung unseres Kontinents hat sich dieses Europa dramatisch geändert. 1993 fand der erste Europaratsgipfel in Wien statt, und er trug mit seiner Bestätigung der Politik der Öffnung und Erweiterung gegenüber den Reform­staaten dazu bei, durch den Aufbau von Demokratie Frieden und Sicherheit für den gesamten Kontinent zu stärken. Damit fiel auch die Entscheidung, die schließlich zu einem Staatenbund von 46 Ländern führte, einschließlich der Russischen Föderation, die demnächst zum ersten Mal den Vorsitz im Ministerkomitee übernehmen wird.

Die Staats- und Regierungschefs einigten sich beim Europaratsgipfel 1993 auf ein erweitertes, ein europäisches Sicherheitskonzept; ich möchte kurz aus der Einleitung der „Wiener Erklärung“ zitieren:

„Das Ende der Teilung Europas bietet uns eine historische Chance, den Frieden und die Stabilität auf diesem Kontinent zu festigen. Alle unsere Länder sind der plura­listischen und parlamentarischen Demokratie, der Unteilbarkeit und Universalität der Menschenrechte, dem Rechtsstaat und einem durch seine Vielfalt bereicherten gemeinsamen kulturellen Erbe verbunden. Dadurch kann Europa ein weiter Raum demokratischer Sicherheit werden.“

Der Europarat hat auch die Heranführung unserer östlichen und südöstlichen Nach­barn an die europäischen Rechtsstandards in vielfacher Hinsicht praktisch unterstützt, durch die Hilfe zum Aufbau demokratischer Institutionen, zur Sicherung der Unab­hängigkeit der Justiz und zur Harmonisierung der Rechtsordnung, und hat damit beigetragen, eine dauerhafte Grundlage zur Stabilität dieser Länder zu schaffen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch die „Venediger Kommission“ erwähnen, die eine führende Rolle bei der Ausarbeitung vieler Verfassungen in den neuen Demo­kratien seit 1990 gespielt hat, kürzlich etwa durch einen wesentlichen Beitrag zur Einigung auf ein Quorum für das Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro.

Lassen Sie mich an dieser Stelle ein Wort zur Parlamentarischen Versammlung sagen, denn der Parlamentarischen Versammlung ist es auch ein Recht und eine Zuständig­keit, die Einhaltung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zu überwachen. Die Parlamentarische Versammlung ist eines der Herzstücke des Europarates. Zwölf Abgeordnete aus Ihren und aus den Reihen des Bundesrates vertreten Österreich in diesem Gremium. Ich möchte ihnen für den Einsatz und für ihre wichtige Arbeit danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


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