Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 55

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Verhandlungen, Absprachen, und manchmal hat man den Eindruck, dass der eine oder andere deshalb keine Chance hat, weil er gerade der falschen Fraktion angehört.

Man sollte versuchen, diesen Einfluss der Parteien, der Fraktionen ein bisschen zurückzuschrauben und der Vertretung der Länder, wie das Österreich immer wieder versucht hat, mehr Gewicht zu geben.

Ich war Mitte der neunziger Jahre Mitglied des Europarates in einer sehr, sehr span­nenden Phase. Damals hatte der Europarat, wie ich glaube, eine seiner zentralen Funktionen inne, nämlich die Länder des ehemaligen Ostblocks, die ehemaligen kommunistischen Diktaturen an Europa, an das demokratische Europa heranzuführen. Es gab sehr, sehr gute, sehr, sehr intensive Diskussionen, auch Auflagen, Monitoring­prozesse, die sicherlich einiges bewirkt haben.

Es wurde im Europarat aber auch ein bisschen mit zweierlei Maß gemessen. Kollege Spindelegger hat angesprochen, dass man Russland im Tschetschenienkrieg einiges mitgegeben hat. Ich meine, dass die Reaktion des Europarates lau war, denn wenn ein Mitglied des Europarates einen Angriffskrieg führt, dann widerspricht das natürlich den Grundsätzen des Europarates. Man hat sich damals mit einer Suspendierung der Mitgliedschaft für wenige Monate beholfen. Auf der anderen Seite hat man bei anderen Ländern, wie etwa bei Kroatien, schon beim Aufnahmeprozess sehr, sehr strenge Richtlinien angelegt, und es hat dann lange gedauert, bis wir – wir haben diesen Aufnahmeprozess ja auch unterstützt – es geschafft haben, dieses wichtige Signal auch für die Balkanländer zu setzen, dass man Kroatien in den Europarat aufnehmen kann.

Wie sieht es mit der Zukunft des Europarates aus? – Es wird immer wieder darüber diskutiert, worin die Funktion des Europarates liegt. Es zeigt sich ja auch, dass die Europäische Union und das Europäische Parlament immer mehr Aufgaben des Euro­parates übernehmen möchten und auch übernehmen. Wir haben die europäische Verfassung diskutiert, leider nicht zu einem Abschluss gebracht, aber in diesem Zusammenhang ist ja mit dem Grundrechtekatalog auch schon ein weiterer Schritt gesetzt, um die Aufgaben, die Funktionen des Europarates in das Europäische Parlament, in die Europäische Union überzuführen. – Diese Diskussion muss man führen.

Allein der Umstand, dass wir immer wieder erklären müssen, was dieser Europarat ist, zeigt ja, dass das Europäische Parlament und die Europäische Union in der Öffent­lichkeitsarbeit weit mehr tun und weit präsenter sind, als es der Europarat in den letzten Jahren war.

Ich meine, dass es für eine Institution wie den Europarat und auch für die Parla­mentarische Versammlung sehr wohl eine Zukunftsperspektive gibt. Der Europarat hat 46 Mitglieder; fast alle europäischen Staaten sind in diese Gemeinschaft integriert. Auf der anderen Seite diskutieren wir immer wieder auch die Grenzen der Erweiterung der Europäischen Union, wo wir festhalten, dass es viele Länder gibt, die nicht Mitglied werden können oder auch nicht werden wollen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.)

Abschließend: Ich meine daher, dass der Europarat eines dieser Gremien sein sollte, für diese „Partnerschaft für Europa“, wo Länder außerhalb der Europäischen Union in die europäische Familie integriert werden können und wo man auch vertiefende Pro­zesse nicht nur im Bereich der Menschenrechte, sondern vielleicht auch im Bereich von Umwelt- und Wirtschaftsstandards schaffen könnte, genau für diese Länder. Also keine Vorstufe, kein Wartezimmer der Europäischen Union, sondern eine notwendige,


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