Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 67

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auf der gemeinsamen Anerkennung humanistischer Werte wie Menschenrechte, Soli­darität oder Respekt für das Fremde beruht, ist Anwalt der Interessen von Millionen von BürgerInnen, ist ein Raum des Friedens und der Freiheit und der Weg und die Brücke zur Europäischen Union. – Das sind nur einige der Schlaglichter und Schlagzeilen, die man findet, wenn der Europarat beschrieben wird.

Eine der wichtigsten Säulen des Europarates ist zweifelsohne die Europäische Men­schenrechtskonvention. Sie ist so wichtig, weil sie bis jetzt einzigartig ist, denn die EU hat noch keinen eigenen Menschenrechtskatalog herausgebracht. Einzigartig sind aber auch die zahlreichen anderen Konventionen und Einrichtungen aus dem Menschen­rechtsbereich, wie etwa die Europäische Konvention zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, die Europäische Sozial­charta, die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten oder die Euro­päische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz.

Es ist heute auch schon erwähnt worden, dass das Herzstück des Europarates, wenn man so will, oder vielleicht auch der Motor des Europarates die Parlamentarische Versammlung ist. In dieser Versammlung, bestehend aus 630 Mitgliedern aus 46 Nationen – das möchte ich noch einmal hervorheben, das ist eine kulturelle Vielfalt, die man sonst nicht finden kann! –, wird gearbeitet, und vor allem wird viel Arbeit auch in den Ausschüssen gemacht.

Der Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung, dem ich unter anderem ange­höre, hat in den letzten Jahren wichtige Initiativen zum Beispiel im Bereich der Poli­tischen Bildung gesetzt. Das Jahr 2005 war vom Europarat als das Jahr der Politischen Bildung – „European Year of Citizenship through Education“ – ausgerufen worden. Gleichzeitig hat der Europarat in diesem Jahr den Vorsitz in der parlamentarischen Troika des Stabilitätspaktes für Südosteuropa geführt.

So konnte unter meiner Leitung in Belgrad ein zweitägiger Workshop abgehalten werden, in dem zahlreiche Experten und Expertinnen, Abgeordnete aus dem gesamten südosteuropäischen Raum, VertreterInnen der OSZE, des Europäischen Parlaments und die Studentinnen und Studenten der Universität Belgrad das Thema „Politische Bildung“ diskutierten. Da wurde heftig diskutiert. Es wurde sehr intensiv darauf einge­gangen, wie man mit der um sich greifenden Politikverdrossenheit umgehen könnte, wie man mit dem Rückgang der Wahlbeteiligung umgehen sollte, und es wurde unter­strichen, dass es für alle Parlamentarier und Parlamentarierinnen ganz wichtig und ein Anliegen sein müsste, die demokratischen Werte und Haltungen fest in der Bevöl­kerung zu verankern.

Der Europarat sieht in der Politischen Bildung den Schlüssel für die Entwicklung einer demokratischen Kultur, und eines liegt in der Natur der Sache: Demokratische Kultur kann nicht von oben verordnet werden, sondern ist ein Prozess, der eigentlich nie zu Ende ist, ein Prozess, der in keinem Land irgendwann zu Ende ist! Daher hat das Motto für das Jahr 2005 auch gelautet: „Learning and living democracy“.

Damit ist aber noch nichts über die zahlreichen anderen Themen dieses Ausschusses oder die Arbeit der anderen elf Ausschüsse gesagt. Europa – und damit meine ich das große Europa – braucht eine gemeinsame politische Kultur, und die kann sich nur in einer Zusammenarbeit entwickeln: im Vermeiden von Konflikten, im Einander-kennen-Lernen, im Sich-auseinander-Setzen mit unterschiedlichen Ansichten und letztendlich im Finden von gemeinsamen Strategien. Für die Entwicklung einer solchen gemein­samen politischen Kultur ist der Europarat prädestiniert und eigentlich das einzige


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