Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 113

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auch der Rechtsanwalt und damit Auftragnehmer der Österreichischen Bundesbahnen. Dieser Sachverhalt widerspricht den österreichischen corporate governance-Regeln. Wie soll ein Aufsichtsrat einen Vorstand prüfen, mit dem er gleichzeitig Werkverträge abschließt? Weiters wird seit geraumer Zeit kolportiert, dass Ex-Innenminister Strasser einen ebenfalls hervorragend dotierten Vorstandsposten bei der Brenner Basistunnel Errichtungsgesellschaft in den nächsten Tagen antreten soll. Gleichzeitig sind weitere Vorstandsposten bei der Bundesimmobiliengesellschaft, die mittlerweile eine zwei­stellige Anzahl von Tochterunternehmen aufweist, ausgeschrieben. Diesbezüglich ist ebenso eine rein politische Besetzung zu erwarten.

Allein die Rückkehr von vier zurückgetretenen Ministern in den öffentlichen Besol­dungsbereich innerhalb kürzester Zeit mit garantierten Spitzengehältern, die diese in der Privatwirtschaft nur schwer erzielen würden, stellt eine Verhöhnung des österreichischen Steuerzahlers dar.

Auch die Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen in der staats­nahen Wirtschaft sowie die damit im Zusammenhang stehenden Vertragsgestaltungen prägen das Bild der Verschwendungspolitik dieser Bundesregierung und beruhen auf massiven Gesetzesverstößen in den Unternehmen der staatsnahen Wirtschaft, darunter vor allem der Österreichischen Industrieholding AG. Insgesamt betrugen die zusätzlichen Kosten seit dem Jahr 2000 durch Gehälter und Aufwandsent­schädigun­gen sowie Spesen der ÖIAG-Leitungsorgane rund zwei Millionen Euro. Bei den ÖIAG-Vorstandsverträgen wurde bewusst dem Stellenbesetzungsgesetz 1998 und der Verordnung der Bundesregierung betreffend Vertragsschablonen gemäß diesem Ge­setz zuwidergehandelt. Damit wurde eine Antiprivilegiengesetzgebung, die die Gehälter von Leitungsorganen in staatlichen Unternehmen streng reglementiert, in Kenntnis der negativen Folgen für die Steuerzahler bewusst durch den Vorstand, den Aufsichtsrat und die österreichische Bundesregierung missachtet. Der negativen Kritik des Rechnungshofes wurde in keiner Weise Rechnung getragen. Vielmehr  wurde durch die ÖIAG ein Gegengutachten erstellt, das dem Finanzminister einen Freibrief zum Abschluss solcher Privilegienverträge ausstellte.

RH-Präsident Fiedler hatte bereits im Jahr 2003 in einer Sitzung des Rechnungs­hofausschusses zur Vertragsschablonenverordnung und deren Anwendung Stellung genommen. Der damalige RH-Präsident führte aus, dass eine Nichtanwendung dieser Rechtsnorm, weil man sie für gesetzwidrig halte, einem „Tritt in das Gesicht des Rechtsstaates“ entspreche. Der Rechnungshofbericht zeigte einen Schaden von 6,1 Millionen Euro auf, wobei durch diese Zahlen lediglich ein Bruchteil der Umbeset­zungen durch die schwarz-blau-orange Regierung zum Ausdruck kommt, da durch den Rechnungshof nur elf von mehreren hundert staatsnahen Unternehmen geprüft worden sind.

Nicht nur gescheiterte Bundespolitiker werden von Bundeskanzler Schüssel mit heraus­ragenden Posten belohnt, auch für die abgewählte Landeshauptfrau der Steiermark, Waltraud Klasnic, stand ein Job bereit: sie verteilt nunmehr Förderungen als Leiterin des Zukunftsfonds.

Im Bereich der Österreichischen Bundesbahnen führte eine Strukturreform, die ausschließlich dem Zweck dienen sollte, neue Posten zu schaffen, neben der von der Bundesregierung gewollten Vermehrung von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Betriebsorganisation: Durch die Konstruktion einer Beteiligungs-AG mit vier untergeordneten Aktiengesell­schaften wird die Führung des Unternehmens wesentlich erschwert. Nach zwei Jahren der Leugnung dieses Umstandes ist heute klar, dass diese Struktur sofort verändert werden müsste, denn sie führt auch dazu, dass bei zumindest einer Aktiengesellschaft eine ständige Überschuldung und damit Zahlungsunfähigkeit eintritt.

 


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