Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 119

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Nun nach Rom: Eine Woche vor der Wahl sagte Schüssel: Lieber Silvio, alles Gute! Silvio Berlusconi ist der Hort der Demokratie, das wissen wir. (Abg. Großruck: BAWAG!) Ihm gehört faktisch die Mehrzahl der Printmedien, ihm gehören zwei Fernsehsender, da kommt überhaupt nur mehr Berlusconi bis zum Erbrechen vor, und auf den staatlichen Sender hat er ebenfalls Einfluss gehabt. Jetzt hat er die Wahl verloren – und will nicht gehen. Er sagt: Ich habe die Wahl gewonnen! Alle sagen ihm: Du hast verloren! Er sagt: Nein, ich habe sie gewonnen! (Abg. Murauer: Das war wie bei Ihnen! Sie wollten auch nicht gehen!) Das ist Berlusconis „demokratische“ Einstellung. (Abg. Murauer: Sie haben es auch nicht geglaubt, dass Sie gehen müssen!) Und zu diesem Krebsübel der Demokratie in der Europäischen Union hat Ihr Bundeskanzler gesagt: Silvio, alles Gute, vielleicht packst es du doch noch einmal, denn mir gefällt dieses System Berlusconi so gut! Davon kann man lernen.

Aber die Bevölkerung Italiens hat gesagt: Auch wenn dir die Medien gehören, auch wenn du jetzt als Ministerpräsident Milliarden verdient hast, auch wenn du Minister­präsident bist, wir wählen dich ab!

Und so wird es bei Schüssel auch sein, das sage ich Ihnen! (Heiterkeit sowie Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen, weil Schüssel das weiß, aber er es nicht hören will, ist er auch heute nicht auf die Regierungsbank gekommen. Ich bin noch einer der Wenigen, die die Wahrheit sagen. Er hört nicht mehr die Wahrheit, er hört nur: flüster, flüster, Bussi, Bussi, kann ich dir eine Zuckerwatte zum Frühstück bringen? – Ich sage ihm die Wahrheit! Wach’ auf, erwache!, sage ich ihm. Und er kommt nicht, weil er noch schläft. Daher kann er auch nicht kommen, das ist logisch, hilft aber alles nichts.

Es geht Herbert Scheibner zu gut, er ist als Verantwortlicher zu lange nicht dran­gekommen. – Ich traute meinen Augen nicht. Ich war ja bis jetzt gewohnt, dass mittlerweile von dieser Republik Besitz genommen wurde. Man muss unterscheiden: Die ÖVP glaubt, sie kann noch länger Macht ausüben, bei der BZÖ ist es „Rette sich wer kann!“ Es handelt sich um Torschlusspanik, Panik auf der Titanic – je nachdem, welche Überschrift Sie haben wollen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dem BZÖ – nicht der BZÖ! Sie müssen deutsch sprechen!) – Habe ich das Geschlecht bei euch verwechselt? – Ich werde mich bessern. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bitte!)

Einfluss auf die Nationalbank, Einfluss auf den Verbund, Einfluss auf die ÖIAG, Einfluss auf die Post, Einfluss auf die ÖBB, die übrigens zu Tode reformiert werden soll, Einfluss auf den Hauptverband der Sozialversicherungsträger – all das wurde erreicht. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Dreimal war man im härtesten Clinch mit dem Verfassungsgerichtshof, bis man endlich im alten Stil des Berlusconi Folgendes geschafft hat: 300 000 Arbeitgeber sind so viel wie 3 Millionen Arbeitnehmer.

Wieso verstehen wir das eigentlich nicht? – Das ist doch logisch: 300 000  sind 3 Millionen. Wenn ich mir das länger anschaue, dann glaube ich, dass die Balance tatsächlich so ist. Sie haben so lange reformiert, bis Sie es geschafft haben, dass es überall eine ÖVP-Mehrheit gibt, obwohl es keine ÖVP-Mehrheit bei den Arbeitnehmern gibt. Das ist Demokratie? (Abg. Grillitsch: Und die Jobs? Wie viele Jobs sind 1,4 Milliarden €?)

Die Jobs, die dazu gekommen sind, waren belastet, haben viel Geld gekostet, haben das noch teurer gemacht. Danke für das Stichwort! Grillitsch weiß, wo man teure Jobs findet. Grillitsch weiß, was sie kosten. Sie sind ein konstruktiver Teilnehmer bei einer Oppositionsrede; das freut mich.

Daher muss man sich bewusst sein, wie diese Republik aussieht und dass es auch um eine Art von „Berlusconisierung“ in dieser Republik geht.

 


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