Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 168

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definiert, denn das wird für die Zukunft von großer Bedeutung sein. Zum einen werden ja weitere Erweiterungen diskutiert, etwa um Kroatien – das unterstützen wir; aber auch da müssen die Kriterien auf beiden Seiten erfüllt werden –, und zum anderen geht es darum, verloren gegangenes Vertrauen bei der Bevölkerung zurückzu­gewin­nen, nämlich in dem Sinne, dass man nicht Kriterien aufstellt, um sie dann gleich wieder zu missachten, sondern dass man in diesem Bereich die Messlatte hoch legt und das auch entsprechend umsetzen muss.

Klar möchte ich hier aber auch zum Ausdruck bringen, dass die EU-Erweiterung ihre Grenzen hat, dass man etwa bei Ländern, die zwar geographisch teilweise zu Europa gehören, bei denen aber absehbar ist, dass sie von ihrem Weltbild her, von ihrer Gesellschaftsordnung her in den nächsten 15, 20, 30 Jahren nie das Wertesystem der Europäischen Union werden erreichen können, ehrlicherweise – ich spreche da von der Türkei – sagen müsste: Verhandlungen für eine Vollmitgliedschaft sind der falsche Weg, denn das dauert 15, 20 Jahre und führt vielleicht gar nicht zu einem Abschluss.

Da wäre es ehrlicher, zu sagen, dass man versucht, mit diesen Ländern andere Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen. Ich habe einmal vorgeschlagen eine Art Partnerschaft für Europa, wo man maßgeschneiderte Kooperationen auf bilateraler Ebene für diese Länder sucht.

Es gibt ja in Europa auch noch andere Länder – etwa die Ukraine oder irgendwann einmal später vielleicht auch Weißrussland, dann, wenn auch dort die Demokratie zum Durchbruch kommt –, wo man weiß, dass es auf Grund der Größe und der Strukturen ebenfalls sehr, sehr viele Jahre dauern wird, wenn es überhaupt jemals dazu kommt, bis diese Länder Mitglied werden können. Vielleicht wollen diese Länder das auch gar nicht, aber trotzdem sind das wichtige Staaten in unserem Umfeld, mit denen auch die Europäische Union enge Kontakte pflegen sollte. Aber Vertragsverhandlungen über eine Vollmitgliedschaft wären auch dort der falsche Weg.

Also in dieser Hinsicht wäre der Mut zur Ehrlichkeit auch in der Europäischen Union gefordert, es wäre, um jetzt Probleme beiseite zu schieben, unklug, zu sagen: Jetzt fangen wir halt einmal zu verhandeln an!, obwohl man weiß, dass man erst irgendwann in 20 Jahren zu einem Ergebnis kommen wird – zu einem Zeitpunkt, zu dem die Politiker beziehungsweise die Entscheidungsträger, die heute diese Entscheidung treffen, sicher nicht mehr die Folgen dieser Entscheidung zu verantworten haben wer­den. Es wäre ehrlicher, zu sagen: Nein, das wird nicht gehen, versuchen wir andere, raschere Kooperationen umzusetzen! – Diese Frage wird uns noch einige Zeit begleiten.

Dem EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien stimmen wir zu, denn er bringt sowohl Vorteile für die Union als auch Vorteile für Österreich. Aber auch bei diesen beiden Ländern werden die Kriterien zu überprüfen und einzuhalten sein, und zwar auch, bevor sie Mitglied werden.

Wir hatten mit diesen beiden Ländern schon viele Kontakte auf parlamentarischer Ebene und werden sie auch in Zukunft noch haben. Wir sehen dort durchaus das Bemühen, dass man sich in die europäische Familie einklinkt. Ja ich muss sagen: Ich sehe bei diesen beiden Ländern sogar ein wesentlich größeres Bemühen als bei manchen Ländern, die in der letzten Erweiterungsrunde mit dabei gewesen sind, wo wir diese Bereitschaft leider vermissen mussten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.07

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


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