Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll145. Sitzung / Seite 169

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18.08.04

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass wir diesen Vertrag heute hier im Nationalrat ratifizieren werden. Besonders hat mich die Ankün­digung des Kollegen Scheibner gefreut, der gesagt hat, dass seine gesamte Fraktion diesem Ratifizierungsvertrag zustimmen wird. Ich hoffe, dass das auch wirklich der Fall sein wird. Wir werden das ja dann am Ende dieser Debatte sehen. Herr Kollege Scheibner, ich hoffe, dass Ihr Wort für die gesamte Fraktion gilt und nicht nur für einen Teil davon.

Von unserer Seite her, von Seiten der Grünen war es immer klar, dass wir den Beitritts­bemühungen Rumäniens und Bulgariens positiv gegenüberstehen – wohl wissend um die Schwierigkeiten, die es gibt, aber immer in dem Bewusstsein, dass diese beiden Staaten integraler Bestandteil Europas sind und dass es keinen Weg daran vorbei gibt, sie zu integrieren, und dass es auch klar ist, dass es von Seiten der Europäischen Union auch weiterhin, so wie in der Vergangenheit, große Unterstützung geben muss, damit diese Staaten der EU beitreten können, damit sie den Acquis communautaire erfüllen können, damit sie tatsächlich weitere Schritte in die richtige Richtung gehen können.

Vor kurzem hat mich eine bulgarische Journalistin gefragt – wahrscheinlich passiert das auch vielen von Ihnen des Öfteren –, wie es denn dazu kommt, dass in Österreich, einem der Länder, die am meisten, und zwar vor allem wirtschaftlich, von der Ostöff­nung und von der letzten EU-Erweiterungsrunde und auch von der Öffnung Bulgariens und Rumäniens profitiert haben, die Stimmung gegen diese EU-Beitritte so gravierend negativ ist. Wie wahrscheinlich viele von Ihnen versuche auch immer wieder Antworten zu geben, die das zu erklären versuchen. Ein Antwortversuch ist der, zu sagen: Na ja, es ist leider nicht immer so, dass die Gewinne, die die Unternehmen machen, so verteilt werden, dass auch die Beschäftigten oder Leute, die gerade keinen Job haben, merken, dass auch ihnen das zugute kommt, und wenn wir gleichzeitig steigende Arbeitslosenzahlen haben, dann sehen die Leute nicht, was ihnen das jetzt bringt! – Das ist wohl ein Grund dafür.

Ein anderer Grund besteht wohl darin, dass es in den letzten Jahren immer noch zu wenig an tatsächlichem Austausch und an Versuchen des Kennenlernens und des Verstehens gegeben hat. Auf parlamentarischer Ebene hat es viele Reisen, Besuche et cetera gegeben, zum Teil auch im Bereich der Universitäten, aber zu wenig zum Beispiel im Bereich der Schulen.

Es gibt, glaube ich, immer noch zu wenig an tatsächlichem Bemühen, zu erfahren, wie die Leute dort leben, welche Probleme sie haben und welche Schwierigkeiten diese Transformationsprozesse mit sich bringen. Es ist ja nicht so einfach, innerhalb von 15 Jahren von einem System, und zwar einem System, das man sozusagen im Kopf mitgelernt hat, auf ein ganz anderes umzusteigen. Dass es da zu Schwierigkeiten kommt, dass da Reibungsverluste, oder wie immer Sie das nennen wollen, entstehen, ist ja klar.

Gerade Rumänien und Bulgarien zeigen – wie die anderen zehn schon bei der letzten großen Erweiterungsrunde beigetretenen Staaten, nämlich jene, die einem ganz ande­ren System angehört haben – sehr starke Bemühungen in vielen Bereichen, und diese Bemühungen werden, denke ich, durch die Aussicht, dass sie beitreten werden, anerkannt – unabhängig davon, ob es der 1. Jänner 2007 sein wird, für den wir uns einsetzen, oder der 1. Jänner 2008 oder der 1. Juli 2007, über den auch schon gesprochen wurde, das ist, finde ich, nur mehr ein Detail am Rande. Ich wünsche mir, dass es der 1. Jänner 2007 sein wird, aber wir werden sehen, was der Kommissions­bericht aussagt und was die Kommission dann dem Rat empfehlen wird.

 


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