Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / Seite 36

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Es ist tatsächlich so, wie ich zuvor schon darauf hingewiesen habe, dass nämlich mitt­lerweile ein gerichtliches Verfahren sogar gegen einen Botschafter im Laufen ist. Das zeigt ganz klar, dass diese Visa-Skandal immer mehr um sich greift, dass da nicht „nur“ – zwischen Anführungszeichen – Beamte und Beamtinnen der Konsularebene in­volviert sind, sondern – sollte sich die Vorwürfe bewahrheiten – Beamte auf höchster Ebene, nämlich Botschafter selbst.

Ich denke, damit ist wohl klar, dass das einen Antrag auf Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses hier in diesem Hohen Haus rechtfertigt. Ich werde einen solchen später einbringen, und er wird am Abend zwar nicht zur Debatte stehen, aber immerhin abgestimmt werden. Und da appelliere ich an die Regierungsfraktionen, zumindest noch einmal darüber nachzudenken und nicht gleich von vornherein zu sagen: Nein!

Wie die Außenministerin ganz richtig gesagt hat, geht es bei fast allen Fragen um Fra­gen, die nicht aus ihrer Amtszeit stammen. Es wäre doch sinnvoll – statt immer nur de­fensiv hintennach zu sagen: Ja, da ist noch etwas aufgetaucht, und dann noch etwas, und dann noch etwas –, sich der Frage nach der politischen Verantwortung zu stellen. Die strafrechtliche Verantwortung klären die Gerichte, das ist schon klar, da wollen und da sollen wir uns auch nicht einmischen, aber die politische Verantwortung unter der früheren Außenministerin und jetzigen EU-Kommissarin müsste doch dieses Hohe Haus klären. Ich hoffe sehr, dass Sie doch diesem unseren Antrag zustimmen werden.

Da Kollege Großruck – er ist gerade nicht da – in der Fragestunde wieder einmal einen Vergleich mit Deutschland angestellt und den dortigen früheren Außenminister Joschka Fischer erwähnt hat, möchte ich hier doch festhalten: In Deutschland gab es keine Visa-Affäre und keinen Visa-Skandal. (Abg. Murauer: Eine Aufforderung dazu!) Es gab dort eine politische Verordnung, die in der Umsetzung dann nicht so geklappt hat, wie es hätte sein sollen. Aber kriminelle Machenschaften gab es da nicht. Das war eine po­litische Entscheidung eines Ministers – und nicht etwas, wo kriminelle Machenschaften im Spiel waren.

Noch ein Vergleich zu Deutschland: In Deutschland ist die Einsetzung eines Untersu­chungsausschusses ein Minderheitsrecht im Parlament. Jetzt gibt es momentan einen Untersuchungsausschuss. In Österreich kann die Regierungsmehrheit immer sagen: Nein, wir wollen das nicht! Und da möchte ich an Sie appellieren, sich doch einmal dar­an zu erinnern, was Ihre eigentliche Aufgabe als Parlamentarier und Parlamentarierin­nen ist – und nicht nur immer die Regierung zu verteidigen. – Aber gut.

Lassen Sie mich nun zu den Themen dieser jetzigen außenpolitischen Debatte und zu den Vorlagen, die auf der Tagesordnung stehen, kommen. Ich werde mich zu drei Punkten äußern.

Erstens: zur Nominierung des „SOS-Kinderdorfes“ für den Friedensnobelpreis 2006.

Wie schon richtig gesagt wurde, haben wir im letzten Jahr diese Nominierung nicht un­terstützt, wir hatten einen anderen Vorschlag. Heuer gibt es von uns eine Zustimmung dazu, deswegen gibt es auch einen Vier-Parteien-Antrag. Der Hintergrund ist der, dass es mittlerweile so ist, dass, bevor Österreich das „SOS-Kinderdorf“ nominiert hat, an­dere Staaten und andere Organisationen in anderen Staaten das „SOS-Kinderdorf“ schon für den Friedensnobelpreis nominiert haben. Und ich halte es für sinnvoll, dass eine derartige Nominierung nicht nur aus dem eigenen Land kommt, sondern dass das auch von anderswo unterstützt wird. Denn: „SOS-Kinderdorf“ ist eine internationale Organisation. Und ich finde es positiv, dass das jetzt so ist.

Der zweite Punkt ist der, dass es in den letzten Jahren auch eine Entwicklung inner­halb der Organisation, vor allem auf der internationalen Ebene, gegeben hat. So wird immer mehr von einem Kinderdorf selbst nicht nur mit den Kindern, die in diesem Kin-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite