Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / Seite 19

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Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, auch gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass unser Eherecht – mein Vorredner hat das schon mit sehr klaren Worten angesprochen – doch etwas anachronistisch ist. Sehr viele Rechtsmaterien, die aus dieser Zeit stammten, haben wir bereits in eine positive Richtung geändert. Ich denke, das Eherecht sollte das nächste Gesetz sein, das wir uns anschauen und einer Neuregelung zuführen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie bei den Grü­nen.) – Das passiert mir selten, dass ich Applaus von dieser Seite (in Richtung Grüne) habe. (Abg. Dr. Jarolim: „Tosender Applaus“ von der ÖVP!)

Ich habe in dem kleinen Familienrechtspaket, das jetzt in Begutachtung ist, einige Än­derungen bereits angeschnitten, und zwar zunächst hinsichtlich der Definition der Le­bensgemeinschaften. Ich glaube, dass das mehr als notwendig war. Wir haben die Stiefelternrechte für verheiratete Paare praktisch ausgeweitet, was sehr, sehr positiv ist. Wir haben eine erste Entrümpelung des Eherechtes vorgenommen: Wiederlage, Morgengabe und Ähnliches haben wir gestrichen. Wir haben auch erstmals – ich glau­be, auch das ist sehr wichtig, bedarf aber sicher einer eingehenden und sehr sensiblen Diskussion – die Gestaltungsfreiheit der Ehepartner im Hinblick auf die in die Ehe eingebrachte Ehewohnung geregelt. Ich denke, dass das ein wichtiger Schritt ist und dass diese Schritte in die richtige Richtung gehen.

Wenn wir jetzt aber in die Zukunft schauen: Aus der Sicht des Justizministeriums würde ich mir vorstellen, dass wir uns der Diskussion über die Zukunft des Eherechtes stellen sollten. Ein modernes Eherecht sollte auch die Gestaltungsmöglichkeiten der Ehegatten erweitern, insbesondere wenn es um das eheliche Vermögen, das einge­brachte Vermögen geht. Wir müssen aber trotzdem darauf Bedacht nehmen, dass es immer mehr Zweitehen gibt, viele Zweitehen aber nicht geschlossen werden, weil schon Vermögen vorhanden ist und man die Scheidungs- und Trennungsfolgen nicht absehen kann.

Wichtig ist, dass wir uns auch sehr sensibel – ich betone: sehr sensibel – mit dem nachehelichen Unterhaltsrecht auseinander setzen. Wir gehen derzeit davon aus, dass der Unterhalt auch von einer nachehelichen Solidarität der Partner geprägt ist. Aber ich glaube, dass es wichtig ist, in Zeiten wie diesen, in denen Gott sei Dank schon sehr oft beide Partner berufstätig sind, auch auf die Bedürfnisse des Unterhalt leistenden Ehe­gattenteiles oder geschiedenen Ehegattenteiles Rücksicht zu nehmen. Man könnte da ein anderes Modell andenken.

Ich kann Ihnen berichten, dass sich in Deutschland derzeit ein Modell in Begutachtung befindet, das im Prinzip davon ausgeht, dass jeder Ehegatte selbst für seine Versor­gung verantwortlich ist, während der Ehe und auch nach der Ehe. Ich weiß, dass das, da in Österreich das Verschuldensprinzip beim Unterhalt ziemliche Rechtstradition hat, noch zu heftigen Diskussionen führen wird, aber ich glaube, wir sollten dieses Ver­schuldensprinzip noch einmal diskutieren und uns damit wirklich auseinander setzen, um eine Regelung zu finden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Wir sollten weiters auch den Ausstattungsanspruch der Kinder überdenken. Es gibt ja hier genug Beispiele, wo Eltern sich praktisch das Studium für ihre Kinder vom Mund absparen, de facto dann kein Vermögen haben, aber in weiterer Folge trotzdem im Falle der Ehe der Kinder die Ausstattung beizusteuern haben, obwohl die Kinder viel­leicht dank ihres Studiums schon reicher sind als ihre Eltern. Also da sollten wir uns auch überlegen, ob wir – die Zeiten haben sich geändert, das müssen wir auch se­hen – diesen Ausstattungsanspruch, wenn wir ihn beibehalten wollen, nicht nach der Bedürftigkeit der Kinder ausrichten sollten. Es sollte, wie ich meine, in diese Richtung nachgedacht werden.

 


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