Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 150. Sitzung / Seite 83

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Bayr zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.34.11

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Eine intelligent gemachte Devisentransaktionssteuer hat eine doppelte Dividende. Zum einen hilft sie, kurzfristige Währungsspekulationen zu unterbinden und somit auch den Crash von Finanzmärkten fragilerer Volkswirtschaften zu vermeiden und eine Stabilisierung der Finanzmärkte herzustellen. Auch wenn es eine Bagatell­steuer ist und die Besteuerung im Promillebereich liegt, gibt es dennoch Einnahmen. Für den EU-Raum wird geschätzt, dass durch diese Steuer progressiv geschätzt etwa 28 bis 29 Milliarden € pro Jahr hereinkommen. Das ist der zweite positive Effekt: Die­ses Geld steht dann für sinnvolle Dinge, wie zum Beispiel die Entwicklungszusammen­arbeit, zur Verfügung. Das ist auch deswegen besonders wichtig, weil Fachleute schät­zen, dass zur Erreichung der Millennium Development Goals jedes Jahr zusätzlich 50 Milliarden € notwendig sein werden. Das heißt, auch wenn die gesamten Einnah­men einer CTT, einer Currency Transaction Tax, in die EZA gingen, wäre das immer noch zu wenig, um bis 2015 Armut wirksam zu bekämpfen, allen Kindern eine Grund­schulausbildung zukommen zu lassen, Kinder- und Müttersterblichkeit einzudämmen, vermeidbare Krankheiten nicht zum Ausbruch kommen zu lassen, einen größeren Ein­fluss von Frauen zu fördern und natürliche Ressourcen in einer nachhaltigen Umwelt sicherzustellen. Um zumindest in die Nähe dieser MDGs zu kommen, ist es unabding­bar, dass die Einkünfte aus einer solchen CTT zusätzlich zu unserer bislang geleiste­ten offiziellen Entwicklungshilfe eingesetzt werden, zusätzlich zu den Beiträgen, die von den Ländern, die von der EU jetzt schon kommen, auch dann, wenn wir, wie inter­national vereinbart, bis 2015 unsere Entwicklungsleistungen auf 0,7 Prozent des Brut­tonationaleinkommens erhöhen sollten.

Wir als SPÖ waren ja der Meinung, dass wir die kompletten Einnahmen aus dieser Devisentransaktionssteuer für Entwicklung zur Verfügung stellen sollten, und zwar spe­ziell für soziale und ökologische Projekte. Dass dieser Antrag jetzt einen Fonds vor­sieht, der auf europäischer Ebene angesiedelt ist und dessen Gelder fifty-fifty für Ent­wicklungszusammenarbeit und EU-Eigenfinanzierung zur Verfügung stehen sollen, ist ein Kompromiss, um den wir lange gerungen haben. Ebenso lang haben wir darum ge­rungen, dass die Bedingung der ÖVP, nämlich eine Implementierung im globalen Maß­stab, fällt, denn diese Bedingung hätte die reale Umsetzung einer Devisentransaktions­steuer unmöglich gemacht.

Beim Zustandekommen des Antrags gab es auch eine heitere Komponente, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Bei sehr vielen NGOs, die sich mit Entwicklung und ihrer Finanzierung beschäftigen, sind dieser Tage Briefe des ÖVP-Parlamentsklubs eingeflattert, die dort zu heftigen Lachanfällen geführt haben. Die ÖVP hat darin ver­sucht, weiszumachen, dass es jetzt endlich nach langem, langem Bemühen gelungen sei, auch die anderen Parteien, die sich ja so gesträubt hätten, dazu zu bringen, end­lich dieser Devisentransaktionssteuer auch zuzustimmen. Ich nehme an, es ist das schlechte Gewissen, das sie dazu motiviert hat. Ich nehme an, das ist der Versuch, vor Wahlen bei diesen NGOs noch ein bisserl Meter zu machen, nachdem Sie in den letz­ten Jahren eine Auseinandersetzung über Entwicklungspolitik wirklich sträflich ver­nachlässigt haben. Ich denke, so wird das nicht wirklich gelingen, aber selbstverständ­lich bleibt es Ihnen überlassen, darüber zu entscheiden.

Summa summarum werden noch sehr viele Anstrengungen notwendig sein, bis es auf europäischer Ebene, auf EU-Ebene und dann noch darüber hinaus, was ja auch wün­schenswert wäre, zu einer Zone kommt, in der eine Devisentransaktionssteuer einge­hoben werden wird. Ich stimme meinem Vorredner zu, dass der Antrag ein Beginn ist,


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