Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / Seite 57

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Union entzogen werden? Es wäre das Mindeste, was von einem Ratspräsidenten zu verlangen wäre, dass er die USA und den einen Österreichbesuch planenden amerikanischen Präsidenten darauf aufmerksam macht, dass die Europäische Union keine Lager nach Guantánamo-Zuschnitt der USA in Europa duldet! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wo ist das offene und klare Wort der ÖVP- oder BZÖ-Sicherheitspolitik zu den Raketenstationierungsplänen der USA nahe der österreichischen Grenzen? Wo ist das klare und eindeutige Wort der ÖVP und des BZÖ zu ungeschützten und jedem terroris­tischen Anschlag preisgegebenen grenznahen Atomkraftwerken? Wo gibt es da irgendetwas? (Abg. Scheibner: Da musst du nur nachschauen! Da gibt es genug!)

Da frage ich Sie eines, Herr Kollege Scheibner: Warum nehmen Sie terroristische Bedrohungen, die es gibt, her, um zu rechtfertigen, dass die Handys aller Menschen in Österreich überwacht werden können? Warum nehmen Sie terroristische Bedrohungen her, um zu rechtfertigen, dass grenzüberschreitende Veranstaltungen – etwa von Gewerk­schaftern und Umweltorganisationen – in Zukunft überwacht werden können und personenbezogene Daten von Gewerkschaftern, Gewerkschafterinnen, Attac-AktivistInnen und so weiter ausgetauscht werden können (Abg. Kößl: Du lebst in einem Verfolgungswahn sondergleichen! Unvorstellbar!), aber betreffend ungeschützte Atomkraftwerke, die mit den einfachsten technischen Mitteln in Bayern, in der Slowakei, in der Tschechischen Republik und in Ungarn angegriffen werden können, es noch kein einziges politisches Gespräch zur Sicherheit von Seiten des Innen­ministerium und von Seiten des Bundeskanzlers mit unseren Nachbarn gegeben hat? Da schaut man einfach weg!

Das passt mit der Ökostromgesetz-Beschlussfassung von gestern zusammen. Da, wo es wirklich um Kernprobleme geht – um die europäische Atomindustrie, um die wirklichen Gefährdungen Österreichs etwa durch terrorismusgefährdete Atomkraft­werke –: Wegschauen und sich den Nebensächlichkeiten widmen! Wichtig ist Ihnen: Wie überwache ich die Telefone aller Menschen in Österreich?

Noch eine letzte Bemerkung, weil das eine Debatte ist – und es lohnt sich, darauf hinzuweisen –, bei der es nicht die übliche Frontenbildung hier in diesem Haus gibt. In der Debatte über innere Sicherheit machen wir Grüne seit mehr als einem Jahr die Erfahrung, dass trotz öffentlichen Streits in allen wesentlichen Fragen und in allen wichtigen Gesetzesmaterien ÖVP, FPÖ, BZÖ und SPÖ einer Meinung sind.

Beim Vorhaben, Familien in Österreich auf Basis eines verschärften Asylrechts willkür­lich auseinander zu reißen, gibt es die drei Parteien der Regierung und die SPÖ. Beim Vorhaben, die Schubhaft zu verlängern und immer mehr Personen in Schubhaft zu stecken, gibt es eine Vier-Parteien-Allianz samt SPÖ. Beim Vorhaben, traumatisierte Opfer, die in Österreich um Asyl ansuchen, abschieben zu können, gibt es die große Sicherheitsallianz inklusive SPÖ. Bei der Frage flächendeckender Handy-Überwachun­gen und Rufdatenrückerfassung gibt es die große Sicherheitsallianz inklusive SPÖ. Bei der Frage: Dürfen grenzüberschreitend Daten von GewerkschafterInnen und von UmweltaktivistInnen weitergegeben werden? gibt es die große Sicherheitsallianz von ÖVP, FPÖ, BZÖ und SPÖ.

Wir haben uns immer wieder gefragt: Warum gibt es hier diese Vier-Parteien-Einigkeit (Abg. Murauer: Weil es richtig ist!), warum gegen Vernunft, gegen Grundrechte, gegen BürgerInnenrechte? Warum haben sich vier Parteien – inklusive der größeren Oppositionspartei – da gefunden? – Und es gibt eine einzige Antwort: Wir stehen am Beginn eines populistischen Sicherheitswahlkampfes. Es gibt die Entscheidung von vier Parlamentsparteien, in diesen sicherheitspopulistischen Wettlauf einzutreten – um jeden Preis, auch wenn der Preis die Grundrechte sind, wenn der Preis die Integration


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