Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 51

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stellen dahin gehend, mit welchen Mitteln sie abgeschafft werden soll. Aber wenn ohnehin niemand vorhat, die Neutralität abzuschaffen, dann sind wir mit dem gut aufgehoben, was in der österreichischen Bundesverfassung steht.

Ich möchte dazusagen: Es hat sich ja in den letzten Jahren gezeigt, wie wichtig es ist, dass Österreich weiterhin seine Neutralitätspolitik verfolgt. Es ist zwar richtig, dass man mit Neutralitätspolitik nicht jeden Krieg verhindern kann ... (Abg. Scheibner: Gar keinen kann man verhindern!) Man kann im Vorfeld manchmal sehr viel tun, aber man kann leider nicht jeden Krieg verhindern. Aber wenn es Kriege gibt, dann muss man sich als neutraler Staat nicht an jedem Krieg beteiligen. Und mir ist es in jedem Fall lieber, dass man sich, wenn ungerechte Kriege stattfinden (Abg. Scheibner: Gibt es einen „gerechten“ Krieg?), das heißt solche, die nicht die Legitimation des Welt­sicherheitsrates haben (Abg. Scheibner: Das ist kein Krieg!) – das ist ein bewaffneter Einsatz –, an solch kriegerischen Auseinandersetzungen nicht beteiligt. Andere mögen das tun, für Österreich schließt die Neutralität eine Beteiligung an kriegerischen Auseinandersetzungen aus, und so soll es auch bleiben! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Das heißt gleichzeitig aber auch, dass wir, wenn wir die Neutralität ernst nehmen, überall dort gegen militärische Auseinandersetzungen auftreten, wo es eben keine Legitimation durch den Weltsicherheitsrat gibt. Es ist auch Teil der Neutralität, dass wir uns dort zur Wehr setzen, wo wir der Meinung sind, dass das Völkerrecht gebrochen wird.

Ich glaube, dass gerade diese Tage gut geeignet sind, dem amerikanischen Prä­sidenten, wenn er schon beim EU-Gipfel in Wien weilt, auch deutlich zu sagen, dass Österreich, die österreichische Bevölkerung und das österreichische Parlament den Krieg im Irak, der nicht die Deckung des Weltsicherheitsrates hat, für falsch halten, dass dieser Krieg rasch beendet werden muss und dass man möglichst rasch zum friedlichen Wiederaufbau des Irak übergehen soll. Das halte ich für eine wichtige Botschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Noch dazu, wo sich ja herausgestellt hat, dass sich all die Gründe, die für diesen Irak-Krieg vorgebracht wurden, als falsch herausgestellt haben. Es hat zwei Begründungen des amerikanischen Präsidenten für diesen Krieg gegeben. Er hat gemeint, dass erstens dort der Hort des Terrors ist und zweitens der Irak über Massenvernich­tungswaffen verfügt. In der Zwischenzeit ist klar, dass der Hort des Terrors zwar in vielen Gebieten des Nahen Ostens ist, aber im Irak nicht (Zwischenruf), und dass zweitens dort auch keine Massenvernichtungswaffen gefunden werden konnten. Dies hat auch dazu geführt, dass in der Zwischenzeit die amerikanische Regierung ihre Argumentation geändert hat und nicht mehr sagt, es gehe um die Massen­vernich­tungswaffen und es gehe um den Krieg gegen den Terror, nein, man sagt, es gehe um den friedlichen oder weniger friedlichen Regimewechsel im Irak.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage des Regimewechsels ist eine interessante Frage: Wo überall auf der Welt soll es einen Regimewechsel geben? Und auf Basis welcher Begründung ist man der Meinung, dass das jeweilige Regime die übelste, menschenverachtendste Diktatur auf der gesamten Welt ist, weshalb es – davon abgeleitet – einen Grund für einen Eingriff der internationalen Staaten­gemeinschaft oder Einzelner gibt? Ist nicht die Wahrheit vielmehr die, dass es leider nach wie vor eine Reihe von Diktaturen auf der Welt gibt mit menschenverachtenden Regimen (Abg. Rädler: Ja, leider!), teilweise sogar ärger als im Irak, wo weggeschaut wird? Eigentlich ist die Begründung, muss man sagen, dass es dort um den Regimewechsel geht, in Wirklichkeit ein vorgeschobenes Argument, das eine Legiti­mation für andere strategische Ziele darstellen soll.

 


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