Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 67

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Nun zu den drei Punkten.

Erstens: Neutralität. – Da waren Sie eigentlich der einhelligen Meinung, die gäbe es ja ohnehin, und es sei daher sinnlos, eine Forderung nach Beibehaltung der Neutralität zu verankern. Andererseits hat man dann in der Debatte feststellen können, dass Sie sich über den Grad der Neutralität in keiner Weise mehr einig sind.

Ich darf zur Geschichte ein wenig Aufklärung leisten: Wir waren neutral im engeren Sinn – wenn man vom UNO-Beitritt absieht, den die Schweiz eben deswegen nicht vornimmt, dort ist man wirklich ganz päpstlich – bis zum Beitritt zur EU. Da haben wir die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mitgetragen – übrigens ohne Vorbe­halt, der während der Verhandlungen und während der Debatte in Österreich durchaus immer wieder eine Option war. Man hat aber dann darauf verzichtet und hat sich damals in Anbetracht der 66 Prozent an Zustimmung gedacht: Gut haben wir das gemacht!

Aber das war immerhin noch so weit Neutralität, als sich diese Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht auf militärische Einsätze bezogen hat. Aber damit war es allerdings 1998 – genau am 18. Juni war das – endgültig vorbei, indem man mit der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages die Bundesverfassung geändert hat. (Abg. Mag. Lunacek: Mit Zustimmung der FPÖ!) Nein, mit der Gegenstimme der FPÖ! Manchmal hat man mit seinen Altvorderen auch eine Freude; nicht immer, aber dieses Mal doch! Wie gesagt: gegen die Stimmen der FPÖ!; ich habe mir das vorhin heraussuchen lassen. – Da irrt aber Gusenbauer! Das bezieht sich definitiv auch auf Einsätze, die nicht dem Beschluss des EU-Sicherheitsrates unterliegen. Das steht im Bericht des Verfassungsausschusses expressis verbis so drinnen. Ich zitiere:

„In Entsprechung des Vertrages von Amsterdam gilt dies auch für den Fall, dass eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ergriffen wird.“ (Abg. Schieder: Da steht ein Artikel dabei!) Artikel 17 Absatz 2. (Abg. Schieder: Sehen Sie! Den müssen Sie auch lesen!) Ich beziehe mich auf die Interpretation des Berichtes des Verfassungsausschusses. (Abg. Schieder: Nur dann wäre es die volle Wahrheit!) So ist der Stand!

Jetzt könnte man natürlich sagen – und das wurde ja auch verschiedentlich gesagt –: Nachdem die Neutralität ohnehin schon nicht mehr wirklich besteht – momentan ist es in der öffentlichen Debatte wieder ratsam, etwas anderes zu sagen –, können wir es jetzt gleich einmal quittieren! Ich halte es für eine zynische Argumentation, nur des­wegen, weil man die Neutralität scheibchenweise beseitigt beziehungsweise ausge­höhlt hat, jetzt zu sagen: Machen wir jetzt überhaupt reinen Tisch und lassen wir es bleiben! – Das geht nicht!

Das haben Sie aber vor! Das beweist der Umstand, dass Sie die EU-Verfassung hier beinahe einhellig ratifiziert haben. In derselben ist nämlich eine Beistandspflicht enthalten. Sie haben keinen Vorbehalt erhoben, Sie haben ja alle zugestimmt.

Beistandspflicht heißt Verpflichtung zur Teilnahme am Krieg – weniger nicht!

Neutralität im Kern – da geht auch nicht weniger – heißt Nichtteilnahme am Krieg!

Das ist ein Widerspruch, den man in die Verfassung schreiben kann, aber dieser bleibt natürlich dennoch bestehen. Und bei dem, wie die realpolitischen Machtverhältnisse sind, ist eines ganz klar: Die Beistandspflicht – der Sie ja schon zugestimmt haben – würde auf jeden Fall den Ausschlag geben.

Zweitens: EU-Verfassung. – Unserer Ansicht nach hat diese jedenfalls eine Gesamt­änderung der österreichischen Bundesverfassung zur Folge, denn sie betrifft ganz eindeutig auch die Bausteine unserer Bundesverfassung. Klargestellt ist in dieser EU-


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