Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / Seite 162

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Handlungsbedarf. Dieser Forderung werden wir uns anschließen, weil wir im Sinne des Finanzplatzes Österreich agieren wollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten; die Grünen haben eine Gesamt-Rest­redezeit von 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.09.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unbestreitbar: Die Causa BAWAG ist der größte Kriminalfall oder einer der größten Kriminalfälle dieser Republik. Sie ist aber auch – und das halte ich für nicht minder dramatisch – die größte finanzielle, ideologische und politische, aber auch strukturelle Krise der österreichischen Gewerkschaftsbewegung, des ÖGB.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt ist es natürlich verlockend – vor allem für die Regierungsparteien, und das verstehe ich auch –, dies angesichts der Kom­bination zwischen ÖGB und SPÖ zu einem Fall SPÖ zu machen. Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat das zwar etwas mit der Realität zu tun, aber es erklärt noch lange nicht alles.

Ja, es stimmt: Es hat sozialdemokratische oder, wenn Sie so wollen, gleichzeitig auch gewerkschaftliche Abnicker gegeben, die in den Gremien gesessen sind, die alles mitgetragen haben, die nie etwas gefunden haben, sondern es einfach zur Kenntnis genommen haben: „Ja, da stimmen wir zu.“ Aber es hat auch andere Abnicker und Abnickerinnen gegeben, und darüber sollte man auch nicht schweigen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nehmen wir nur einen Fall her und vergleichen wir ihn mit einem anderen. Ich schätze den Kollegen Hundstorfer durchaus in der Situation, in der er sich jetzt bewegt, weil er die nicht geringe Bürde auf sich genommen hat – auch mit seiner persönlichen Bio­graphie –, jetzt zu versuchen, dieses tragische Erbe des ÖGB irgendwie abzuarbeiten. Da gab es nun den Vorfall mit den Präsidiumsprotokollen, der offenbar geworden ist, beziehungsweise mit der Aufsichtsratssitzung: Kollege Hundstorfer geht zu einer Aufsichtsratssitzung hin und übernimmt stante pede 1,5 Milliarden € durch Abnicken, durch Nichtstun!

Was hat er nicht getan? – Er hat zum Beispiel nicht die vorbereitenden Papiere für diese Aufsichtsratssitzung gelesen. Hätte er sie gelesen, dann hätte er gewusst, dass der ÖGB über diese Aufsichtsratssitzung 1,5 Milliarden € an Schulden erbt, die von der BAWAG an den ÖGB verlagert wurden.

Moment, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein nicht geringes Maß an Verantwortung, das hier von einem, der eine verantwortliche Aufsichtsratsfunktion innehatte, nicht wahrgenommen wurde. Da kann man nur schwer verstehen, dass Kollege Hundstorfer nachträglich sagt: Ich habe durch das auch dazugelernt. – 1,5 Milliarden €!

Okay, Abnicker, sozialdemokratische Abnicker habe ich gesagt. Aber es gibt auch andere, und gerade diese Sitzung hat es bestätigt. Es gab einen Bericht der Banken­aufsicht aus dem Jahr 2001, der festgestellt hat – und ich glaube, es war Kollege Stummvoll, der es noch einmal bestätigt hat –, dass bankintern alle Kontrollen versagt haben. Alle Kontrollsysteme, steht in dem Bericht der Bankenaufsicht aus dem Jahr 2001 drin!

Wer war der verantwortliche Chef der Bankenaufsicht? – Herr Bundesminister, Sie wissen es: Sie waren es! Was haben Sie gemacht? – Nichts haben Sie gemacht; genau wie Kollege Hundstorfer haben Sie nichts gemacht! Durch Nichtstun haben


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