Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 155. Sitzung / Seite 124

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Dieses Beispiel ist bezeichnend für die exzessive Handhabung der Schubhaft und da­mit zusammenhängende Tabubrüche, wie das Eindringen der Polizei in Schulen, sozi­ale Beratungsstellen.

Innenministerin Prokop sieht sich und ihre Partei gerne als die „wahre“ Familienpartei. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. EhepartnerInnen von ÖsterreicherInnen wird die Familiengemeinschaft verwehrt, weil sie entweder als AsylwerberIn ins Land gekommen sind und den Antrag auf Familiengemeinschaft nicht mehr in Österreich stellen dürfen, oder weil sie die für ein Ehepaar erforderlichen monatlichen Einkünfte von € 1056.- (netto) nicht haben. Der Familiennachzug zu Nicht-EU-BürgerInnen ist weiterhin quotiert. Die Quote wurde für 2006 von 5.460 sogar auf 4.425 Plätze abge­senkt. Die Verhinderung von Familiengemeinschaft ist ein integrationspolitischer Un­sinn.

Die chinesische Staatsbürgerin Z. heiratet in Wien einen österreichischen Staatsbür­ger. Sie stellt daraufhin einen Antrag auf Familiengemeinschaft mit ihrem Ehemann in Österreich. Weil sie gemäß Fremdenrechtspaket den Antrag auf Erteilung einer Nieder­lassungsbewilligung nicht mehr in Österreich stellen darf, wird sie in Schubhaft genommen und abgeschoben. Frau Z. ist unbescholten, dennoch wird sie wie eine Schwerkriminelle behandelt. Laut Innenministerium stellt ihre Anwesenheit in Öster­reich eine „erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ dar. Gleichzeitig lässt das Innenministerium zynisch verlauten, dass einer „neuerlichen Einreise selbstverständ­lich nichts im Wege steht“. Der Ehegatte ist verzweifelt. Die Frau Z. wird zur Zahlung der Kosten für Schubhaft und Abschiebung in Höhe von € 6.079.- verpflichtet. Ihr Ehe­mann muss sie in Shanghai besuchen. Frau Z. wird nun seit mehreren Wochen schon an der ihr rechtmäßig zustehenden Einreise zu ihrem  Ehemann gehindert.

Weil Innenministerin Prokop Integration als ausschließliche Angelegenheit der öffent­lichen Sicherheit und nicht als ressortübergreifende Querschnittsmaterie versteht, setzt sie auch keine integrationspolitischen Akzente in den wichtigen Bereichen Bildung und Soziales. 

Das Ehepaar P stammt aus dem Kosovo und lebt seit 2002 in Österreich. Am 20.12.2005 stellt der Bundesasylsenat nach 3 jährigem Asylverfahren fest, dass eine Rückkehr in die Heimat Serbien eine unmenschliche Behandlung wäre und erteilt ein Aufenthaltsrecht. Es ist zunächst auf 1 Jahr befristet und verlängerbar und beruht unmittelbar auf der Menschenrechtskonvention (subsidiärer Schutz gem. § 8 AsylG). Herr P findet Arbeit als Abwäscher für € 850.- pro Monat. Fr P ist zu diesem Zeitpunkt schwanger, der gemeinsame Sohn kommt am 12.1.2006 zur Welt. Herr P bemüht sich sofort um Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld. Nach 4(!) Monaten und zahl­reichen Vorsprachen bei den Behörden kommt ein negativer Bescheid vom Finanzamt. Begründung: „Es besteht kein Recht auf diese Leistungen, weil keine Niederlassung im Sinne des Niederlassungs – und Aufenthaltsgesetzes vorliegt.“ Ein Anspruch besteht nur, wenn die Familie ein spezielles Aufenthaltsrecht (Niederlassungsbewilligung) hätte. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Wie begründen Sie sachlich Ihre Aussage, wonach 45% der in Österreich lebenden Muslime (das sind rund 160.000 Menschen) nicht integrationswillig seien?

2. Wann werden Sie sich für diese pauschale Diffamierung einer Bevölkerungsgruppe entschuldigen?

 


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