Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 155. Sitzung / Seite 128

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das Zynismus pur – oder habe ich nicht verstanden, was Zynismus ist? (Beifall bei den Grünen.)

Aber um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, werden dieser Dame beziehungs­weise dieser Familie aus einer Chinesin und einem österreichischen Staatsbürger auch noch die Kosten für Schubhaft und Abschiebung in Rechnung gestellt – das ist eine Kleinigkeit von über 6 000 € –, und meines Wissens wartet die Frau immer noch dar­auf, aus China nach Österreich einreisen zu dürfen.

Das ist Familienpolitik: Ehepaare auseinander zu reißen, den nicht-österreichischen Teil abzuschieben, dafür noch 6 000 € zu verrechnen und das noch zu kommentieren von Seiten der Behörden mit: Na kannst eh wieder einreisen!? Das ist Familienpolitik in Österreich, Herr Kollege Molterer? Meines Erachtens ist das nichts als eine Schikane, eine menschenrechtswidrige Schikane! (Beifall bei den Grünen.)

Am Beginn einer Integration Schubhaft, Abschiebung und zynische Kommentare des Innenministeriums stehen zu lassen, das ist wohl das Gegenteil einer vernünftig ver­standenen Integration!

Dritter Fall, der aufzeigt, wie die Republik Österreich legal aufhältige Personen diskri­miniert und in Armut verfestigt. – Ein Ehepaar, der Name spielt keine Rolle, stammt aus dem Kosovo und ist seit 2002 im Rahmen eines Asylverfahrens in Österreich auf­hältig. Im Dezember 2005, nach drei Jahren, wird das Asylverfahren abgeschlossen. Das Ehepaar erhält zwar nicht Asyl, aber Aufenthaltsrecht, den so genannten subsi­diären Schutz nach § 8 Asylgesetz. Eine solche Aufenthaltsbewilligung ist befristet, kann aber verlängert werden und so weiter. Der Ehemann findet einen kleinen Job als Abwäscher für 850 € im Monat. Seine Frau war letztes Jahr schon schwanger, im Jän­ner dieses Jahres ist das Kind, ein Sohn, zur Welt gekommen. Was macht der Mann? Natürlich bewirbt er sich um Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld, und nach vier Monaten zahlloser Vorsprachen – auch ein Zeichen für die Effizienz unserer Behörden in solchen Fällen – kommt der negative Bescheid vom Finanzamt. Begründung – ich zi­tiere –:

Es besteht kein Recht auf diese Leistungen – nämlich Familienbeihilfe und Kinderbe­treuungsgeld –, weil keine Niederlassung im Sinne des Niederlassungs- und Aufent­haltsgesetzes vorliegt.

Das ist Familienpolitik, die diesen Namen verdient?! Das ist Integrationspolitik, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn drei Personen von 850 € im Monat leben sollen und ihnen jene Sozialleistungen nicht zugestanden werden, die alle anderen in Österreich selbstverständlich erhalten?! Am Beginn der so genannten Integration steht Diskriminierung und Ausschluss von Sozialleistungen, die alle ande­ren in Österreich erhalten! – Das kann nicht Integration sein, das ist etwas ganz ande­res! (Beifall bei den Grünen.)

Anhand solcher Beispiele, meine Damen und Herren insbesondere von der ÖVP, ver­steht man dann, wieso die katholische Caritas und die evangelische Diakonie vorges­tern, am Weltflüchtlingstag, gesagt haben, dass die Auswirkungen des Fremdenrechts­paketes als „ethische Kollateralschäden“ zu bezeichnen sind. – Eine bemerkenswerte Aussage! Ich kenne den Ausdruck „Kollateralschaden“ hauptsächlich aus der Kriegsbe­schreibung. Im Rahmen eines militärischen Angriffs auf ein Ziel entstehen Verluste unter unbeteiligten Zivilisten, das nennt man in der Kriegssprache „Kollateralschaden“. Gegen wen führen wir hier Krieg? Welcher Krieg rechtfertigt diese Kollateralschäden, Frau Innenministerin Prokop? Haben Sie schon einmal über solche Fälle mit unserem für Familien zuständigen Bundeskanzler gesprochen?

Meine Damen und Herren, das ist alles geltende Rechtslage, was ich hier beschreibe; das sind nicht Willkürakte von Behörden. Verantwortlich für solche Zustände sind wir


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