Organe des ORF. Das ORF-Gesetz beinhaltet gerade im Hinblick
auf die programmgestaltenden Mitarbeiter Verbesserungen, die die Freiheit
der journalistischen Berufsausübung aller
journalistischen Mitarbeiter sichern. (Abg. Mag. Kogler: Das ist
ja ein Text fürs Kabarett!)
Die Objektivität und die Unabhängigkeit der Berichterstattung wurden erstmals – Sie haben es verlesen, Herr Professor Van der Bellen – im Gesetz festgeschrieben, und zwar nicht nur als Recht – Sie haben es schon gesagt –, sondern auch als Pflicht der dort Arbeitenden.
Das Aufsichtsorgan des ORF, der Stiftungsrat, wurde durch das ORF-Gesetz ebenfalls neu definiert. Die Mitglieder des Stiftungsrates haben dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortung – dies bedeutet in diesem Zusammenhang auch die Haftung – wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft. Die Verantwortung in dieser Funktion ist beträchtlich. Wir sprechen beim ORF von einem Unternehmen mit einer Bilanzsumme von 900 Millionen € und 4 500 Mitarbeitern. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die große moralische Verantwortung der Stiftungsräte, die weit über den Buchstaben des ORF-Gesetzes hinausreicht, hinweisen.
Ich hoffe mich mit Ihnen eins, dass Stiftungsräte angehalten sein sollten, sich bei allfälligen geschäftlichen Verbindungen mit dem ORF oder Unternehmungen, die in einem Naheverhältnis zum ORF stehen, eine strenge Unvereinbarkeit aufzuerlegen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)
Ausgehend davon, dass der Stiftungsrat des ORF dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nachgebildet ist, lässt sich zur Frage der Beschlussfassung durch Abstimmung im AG-Aufsichtsrat festhalten, dass nach allen Rechtsmeinungen geheime Abstimmungen, also solche, bei denen anonym und geheim abgestimmt wird, jedenfalls unzulässig sind. Auch im Hinblick auf die Bestellung des Vorstandes ist die Nachverfolgbarkeit des Stimmverhaltens in Bezug auf Haftungsfragen von entscheidender Bedeutung.
Es ist nämlich unstrittig, dass auch die vom Aufsichtsrat vorzunehmende Personenwahl in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht und dass daher der Aufsichtsrat beziehungsweise diejenigen seiner Mitglieder, die für den betreffenden Beschluss gestimmt haben, im Falle der Bestellung einer fachlich nicht geeigneten Person zum Vorstandsmitglied mit Haftungsfolgen zu rechnen haben – vor allem aber, und für mich ist dies eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie, dass Transparenz, Offenheit und Nachvollziehbarkeit bei der Wahl des Generaldirektors des ORF gegeben sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bei der BAWAG ...!)
Natürlich sind auch die Stiftungsräte für ihr Stimmverhalten bei der Wahl des Generaldirektors verantwortlich. Genau das ist nämlich einer der Garanten der Unabhängigkeit des ORF. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Scheibner.)
Da der heute eingebrachte Dringliche Antrag die österreichische Mediengeschichte strapaziert, darf auch ich ein Beispiel aus der Vergangenheit bringen. Es betrifft die zweite Wahl von Gerd Bacher zum ORF-Generalintendanten im September 1978. (Abg. Öllinger: Ja?!) Als Ergebnis der damaligen geheimen Wahl konnte der damalige SPÖ-Zentralsekretär Karl Blecha die Vorwürfe von Bestechung und Erpressung in den Raum stellen und – ich zitiere wörtlich – „auf Verrätersuche“ gehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, wie Sie diese Wortmeldung bewerten, aber Transparenz der Entscheidung und das Festmachen von Verantwortungen im ORF-Gesetz des Jahres 2001 garantieren, dass in Österreich nie mehr ein Parteisekretär „auf Verrätersuche“ gehen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. –