Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 157. Sitzung / Seite 37

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das bringe ich gerne. Ich würde mir auch etwas wünschen: ein bisschen mehr Ehrlich­keit! Das habe ich bei euch (in Richtung SPÖ) vermisst.

Ich werde diese Kritik bringen; vielleicht kommen wir dann gemeinsam zu mehr Ehr­lichkeit, denn, Kollege Cap, wenn Sie sagen, Sie hätten aus Ihren Fehlern gelernt – ich nehme an, Sie meinen die Medienpolitik und die Einflussnahme der SPÖ auf den ORF und auf andere Medien in der Zeit, als sie noch in der Regierung war –, dann möchte ich das gerne glauben. Aber: Das ist jetzt leicht zu sagen, denn Sie als Oppositionspar­tei fühlen sich natürlich schlechter behandelt, als das Ihnen gegenüber als Regierungs­partei der Fall war.

Ich glaube es Ihnen dann, wenn Sie – wovon ich nicht hoffe, dass das so bald sein wird (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) – noch dasselbe sagen und auch danach handeln, wenn Sie wieder einmal in einer Regierung sein werden. Und glauben würde ich es, wenn Sie dort, wo Sie noch in einer Regierung vertreten sind, nämlich in manchen Län­dern, genau nach diesen Grundsätzen handelten, die Sie hier hereingebracht haben. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Das ist aber leider nicht der Fall. Als Wiener Abgeordneter weiß ich ganz genau, was es bedeutet, im Landesstudio Wien für ein Interview zu sitzen, das sich als verlängerter Arm – und ich sage das hier ganz deutlich – einer Wiener Stadtregierung, einer SPÖ, die mit absoluter Mehrheit regiert, sieht. Das ist doch die Realität! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Man darf das alles nicht sagen: doppelbödig, scheinheilig und was auch immer, denn das ist ordnungsrufverdächtig, aber solche Gedanken kommen einem, wenn man die­se Debatte hier verfolgt.

Kollege Cap, ja, auch mir gefällt das nicht, und zwar nicht nur beim ORF, sondern dass es in der österreichischen Medienlandschaft überhaupt Einflussnahme oder den Ver­such einer Einflussnahme gibt. Aber in Wirklichkeit – geben wir es doch zu! – würden wir uns alle gerne wünschen, dass wir Einfluss auf die Berichterstattung mancher Me­dien haben, damit wir persönlich alle möglichst gut dastehen.

Dass die Strukturen nicht in Ordnung sind, auch darüber können wir diskutieren. Aber da haben wir alle auch einiges bei uns selbst aufzuarbeiten. Schauen wir uns doch ein­mal den Publikumsrat, die Wahl zum Publikumsrat an! Theoretisch gäbe es da eine Mitwirkungsmöglichkeit der HörerInnen und SeherInnen auch an der Zusammenset­zung des Stiftungsrates.

Und was war vor kurzem wieder der Fall? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Reine Parteipoli­tik!) – Das war keine demokratische Entscheidung, sondern das war ein Wettbewerb der Parteisekretariate von SPÖ und ÖVP, vor allem der Seniorenorganisationen, näm­lich wer dieser drei Publikumsräte es am besten schafft, auch in den Stiftungsrat hin­einzukommen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das hat doch nichts mit einer Offenheit und einer Entpolitisierung zu tun, meine Damen und Herren auch von der SPÖ! Dort, wo man es kann, versucht man, den politischen Einfluss entsprechend zu unterstützen, dort, wo man es nicht kann, kritisiert man, dass es die anderen so machen.

Es wäre schön, über den ORF zu diskutieren. Das habe ich aber auch bei den Grünen vermisst, die wahrscheinlich noch keine Erfahrungen betreffend eine direkte politische Beeinflussung haben. Aber hätten wir doch darüber diskutiert: Wie schaut denn die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus? Die ist notwendig; ich bekenne mich dazu, dass man in diese Konkurrenz von Qualitätsfernsehen und Qualitätshörfunk ge-


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