Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.
(Abg. Dr. Pilz begibt sich mit einer Tafel zum Rednerpult, auf der der Bildschirm eines Computers sowie das ehemalige ORF-Testbild zu sehen sind, ergänzt um die Aufschrift „ÖVP“ sowie „www.rettet-den-orf.at“.)
16.37
Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern Abend ist eine wichtige Entscheidung gefallen: 800 000 Menschen haben in Österreich ihre Entscheidung für das Hauptabendprogramm von ORF 1 und ORF 2 getroffen. 800 000 Menschen bei absolutem Fernsehwetter, es hat bekanntlich in fast ganz Österreich geregnet. 800 000 – das ist der absolute Tiefpunkt!
Viel weniger ist nicht mehr denkbar. Unter Generaldirektorin Monika Lindner ist der ORF erstmals in seiner Geschichte auf dem Weg zu einem Minderheitenprogramm. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Das stimmt ja nicht in Wirklichkeit!)
Die öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt wird ein Minderheitenprogramm, weil eine Regierung in Kauf nimmt und will, dass eine gescheiterte Geschäftsführung ihre Geschäfte weiterführt. Und folgende Frage stellt sich: Warum soll einer unfähigen und für ihr Amt nicht geeigneten Generaldirektorin (Ruf bei der ÖVP: Ungeheuerlich! – Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein! – Abg. Steibl: Das ist Menschenhatz!) – das ist keine politische Behauptung, sondern durch wirtschaftliche Zahlen gut und profund untermauert – weiter das Geschick des ORF übertragen werden?
Es gibt einen einfachen Grund: Weil eine politische Partei
und ihr politischer Arm in Form des Chefredakteurs Werner Mück in dieser
Frage zu allem fähig sind. „Zu allem fähig“ heißt,
die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks –
wirtschaftlich und von seiner Glaubwürdigkeit her – aufs Spiel
zu setzen, nur um bei den nächsten Nationalratswahlen ein
willfähriges Instrument der Berichterstattung zu haben! (Abg. Dr. Fekter:
Längst nicht mehr glaubwürdig!)
Der Österreichischen Volkspartei ist der ORF als Instrument der Machterhaltung wichtiger als die Verteidigung eines der wichtigsten, sensibelsten und wertvollsten öffentlichen Unternehmen dieser Republik. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Und da geht Herr Klubobmann Molterer heraus und sagt: Bitte
keine Parlamentsdebatte! Bitte den Stiftungsrat ungestört arbeiten
lassen! (Abg. Steibl: So ist es auch!)
Wie sieht die „ungestörte Arbeit“ des
Stiftungsrates aus? (Abg.
Dipl.-Ing. Scheuch: Das
täten Sie gerne wissen!) – Klubobmann Molterer lässt
im Hinterzimmer von Wiener Gasthäusern zu Sitzungen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: War Bauernbund-Sitzung?) des so genannten
Freundeskreises des ORF-Stiftungsrates der ÖVP einladen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja
unerhört!)
Und wenn man hört „ÖVP-Freundeskreis“ (Ruf bei der SPÖ: Ein Skandal!), dann erinnert das an einiges, was in den letzten Jahren passiert ist (Zwischenrufe bei der ÖVP): Es war ein ÖVP-Freundeskreis, der die Immobilien verschleudert hat. Es war ein ÖVP-Freundeskreis, der ein öffentliches Unternehmen nach dem anderen zu billig verkauft hat. Und jetzt ist es ein ÖVP-Freundeskreis, der sich unter Anleitung des ÖVP-Klubobmannes im Hinterzimmer eines Gasthauses trifft, um den ORF gegen den Willen der Mitarbeiter, gegen die Interessen des Unternehmens und gegen die Interessen der Zuseherinnen und Zuseher auf Parteilinie zu halten.
Das ist Respekt vor dem Stiftungsrat? ÖVP-Hinterzimmer-Politik? ÖVP-Wirtshaustreffen zur Regulierung des ORF?