Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 158. Sitzung / Seite 113

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Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes sowohl aus dem Jah­re 2001 als auch aus dem Jahre 2006 zu schreiten.

Es geht doch nicht darum, ob sich Menschen in einem semi-privaten Raum gut verste­hen, sondern: Es geht um Rechte, es geht um deren Umsetzung, es geht um Rechts­schutz – und es geht um den Rechtsstaat in Österreich sowie um den Stellenwert, den der Rechtsstaat bei uns hat! (Beifall bei den Grünen.)

Zur Vorgangsweise, die es in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen gegeben hat, zu der Art und Weise, wie Minderheitenangehörige durch Vorschläge, die von Ihnen, Herr Bundeskanzler, gekommen sind, behandelt wurden, so ganz nach dem Motto: Der Verfassungsgerichtshof hat zwar vom Aufstellen von Ortstafeln bei einem Anteil von 10 Prozent an zweisprachiger Bevölkerung geredet, aber so genau müssen wir das doch nicht nehmen, denn wir verordnen uns – via Verfassungsmehrheit – Klau­seln, die weit darüber hinausgehen und letztendlich dazu führen, dass es selbst bei einem Anteil von 33 Prozent an zweisprachiger Bevölkerung in Kärntner Ortschaften künftig keinen Anspruch auf zweisprachige Ortstafeln gäbe! – Der Konjunktiv ist da wirklich sehr angebracht.

Noch ist dieser dreiste Versuch, verbriefte Rechte aus dem Jahre 1955 durch Verfas­sungsbestimmungen im Jahre 2006 auszuhebeln, nicht geglückt; bis jetzt ist er miss­lungen. Und das verdanken wir VolksvertreterInnen dem Geist, der die slowenischen VertreterInnen getragen hat, und wir verdanken das natürlich auch den Sozialdemokra­ten, die diesem dreisten Versuch der Aushebelung verbriefter Rechte bisher widerstan­den haben. (Abg. Großruck: Wenigstens eine, die dem Herrn Gusenbauer Freude be­reitet!)

Das, meine Damen und Herren, schätze ich, das freut mich. Es freut mich tatsächlich, dass spät, aber doch die Erkenntnis gekommen ist, dass Rechte, die es gibt, nicht durch eine Zweidrittelmehrheit, die sich in diesem Kontext in Wirklichkeit zufällig er­gäbe, ausgehebelt werden können.

Was uns Grüne betrifft, die wir von Anfang an Argumente in diese Diskussion einzu­bringen versucht haben, so hat es ja diesbezüglich nicht einmal den Versuch einer Dis­kussion mit uns gegeben. (Abg. Scheibner: Sie wollten ja nicht!) Oft gibt es Telefonate zwischen höchsten Repräsentanten der Regierung und der Opposition – in dieser Frage jedoch ist nie ein Vertreter/eine Vertreterin der Grünen in eines dieser stillen Kämmerlein, in denen so viel verhandelt wurde, eingeladen worden! Wir wurden nie­mals um unsere Ansicht in dieser Angelegenheit gefragt! (Abg. Scheibner: Weil Sie nicht wollten!) Wir haben jedoch von Anfang an die Meinung vertreten, dass man nicht mit Zweidrittelmehrheit über Minderheitenrechte drüberfahren kann. Im Jahre 2006 darf die Mehrheit nicht einfach über verbriefte Rechte, die auf das Jahr 1955, ja bis auf den Staatsvertrag von Saint-Germain 1919 zurückgehen, drüberfahren! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist das Resultat der so genannten historischen Lösung von Bundeskanzler Schüs­sel, die dieser der Öffentlichkeit vor einigen Tagen so präsentiert hat, als wäre das alles ohnehin schon längst geschehen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Weiters zu kritisieren, Herr Bundeskanzler, ist die Art und Weise, wie mit den Vertrete­rinnen und Vertretern der slowenischen Organisationen verfahren wurde, wie da ver­sucht wurde, das drüberzubringen: durch nicht-schriftliche Festlegungen, durch Nicht-Übermittlung von Vorschlägen, sondern lediglich durch mündliche Zusagen, an die sich später manche nicht mehr erinnern wollen und zu denen es die unterschiedlichsten In­terpretationen gibt, und zwar immer zu Ungunsten und nie zu Gunsten der Volks­gruppe!

 


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