Ich würde
mich ja freuen, wenn der Herr Bundeskanzler einmal eine Zusage machen
würde – und sich dann herausstellte: In der Umsetzung ist das
ja mehr als das, was ursprünglich gedacht war! – So etwas habe
ich aber noch nie erlebt, denn alles muss immer erstritten und erkämpft
werden. Und auch in diesem Fall ist das so.
Herr
Dr. Sturm hat um eine staatsvertragskonforme Lösung gekämpft,
und er hat sich, mit dem Vertrauen der Volksgruppe ausgestattet, darum
bemüht, Sie, Herr Bundeskanzler, in Ihrem Bemühen zu
unterstützen. Anzuführen ist da wirklich das große und
ernsthafte Bemühen von Herrn Dr. Sturm – ich erinnere an
die Konsenskonferenz, ich erinnere an die jahrelangen Diskussionen auch mit
Vertreterinnen und Vertretern aus Kärnten –, eine Lösung
noch in diesem Jahr zu etablieren.
Herr Dr. Sturm
hat das ernst gemeint. Wer es allerdings nicht ernst gemeint hat,
das waren Sie, Herr Bundeskanzler (Rufe bei der ÖVP: Unerhört!), denn
sonst hätte es nicht dazu kommen können, dass es dazu den Zuruf aus
Kärnten gab, das müsse in den Verfassungsrang erhoben und dort
verankert werden, denn, so hat es geheißen: Ohne unsere
Zustimmung – das heißt, ohne die Zustimmung des Kärntner
Landeshauptmannes und ohne die Zustimmung der Bürgermeister
Südkärntens – wird es keine zusätzlichen Ortstafeln
in Kärnten geben! Auf diesen Zuruf haben Sie prompt reagiert, Herr
Bundeskanzler – leider jedoch die ausgestreckte Hand der
slowenischen Vertreterinnen und Vertretern Ihnen gegenüber ausgeschlagen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)
Sie, Herr
Bundeskanzler, haben in den letzten Tagen eine historische Möglichkeit vertan!
(Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten
von ÖVP, Freiheitlichen – BZÖ, Grünen und SPÖ.)
Sie, Herr
Bundeskanzler, haben die historische Möglichkeit vertan, diesen
51 Jahren Assimilationspolitik, diesen 51 Jahren des Vorenthaltens
verbriefter Rechte, diesen 51 Jahren der Nichterfüllung des
Artikels 7 des Staatsvertrages von Wien endlich ein Ende zu setzen! Das
kann man aber nicht mit der aus vielen Nichtdemokratien bekannten Methode
tun, dass die Mehrheit einfach über die Minderheit drüberfährt!
Herr
Bundeskanzler, ich sage das jetzt nicht nur als Abgeordnete der Grünen,
sondern auch aus der Betroffenheit einer Volksgruppenangehörigen dieses
Landes heraus: Ich selbst habe erlebt, Herr Bundeskanzler, was
Assimilationspolitik bedeutet, Assimilationspolitik – das
möchte ich schon dazu sagen –, die nicht von
einem ÖVP-Bundeskanzler initiiert oder geprägt war: Es waren
damals die Sozialdemokraten, die einer solchen Politik das Wort geredet haben.
In diesem Zusammenhang erwähne ich jetzt nur den Namen Friedrich Robak;
die Eingeweihten wissen etwas damit anzufangen.
Bei mir war es
so, meine Damen und Herren, dass ich als burgenländische Kroatin in der
Weise aufgewachsen bin, dass mein Vater, ein aufrechter Sozialdemokrat und
Bauarbeiter, immer gesagt hat: Meinen Kindern soll es in Zukunft besser gehen;
das Wichtigste für uns, um einen sozialen Aufstieg zu erlangen, ist, gut
Deutsch zu können!
Ich bin
während meiner ganzen Volksschulzeit jeden Tag in der Früh an meiner
örtlichen Volksschule in Stinatz vorbeigegangen, zur
Postautobus-Haltestelle jenseits der Volksschule, habe dort auf den Bus
gewartet und bin mit diesem in den Nachbarort gefahren, um eine einsprachige
Schule zu besuchen, um dort gut Deutsch zu lernen. Das durchzusetzen ist meinem
Vater gelungen. – Mein Vater sieht diese Dinge heute jedoch ganz
anders. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Mein Vater sieht
diese Dinge heute aus dem Kontext der Zeit und seinem Bemühen heraus und
steht dazu, weiß jedoch heute, dass es ein Fehler ist (Präsident
Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen) – das
ist schon mein Schlusssatz, Herr Präsident –, solchen
politischen Strömungen nachzugeben.