Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 158. Sitzung / Seite 143

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Zweitens: In der so genannten Öffnungsklausel geht es darum – und ich glaube, da tei­len wir die Kritik –, die Vertreter der autochtonen Minderheiten zu Bittstellern und Bitt­stellerinnen herabzusetzen. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel. Abg. Ellmauer: Hört doch endlich auf! Es gibt keinen Staat in Europa, der so viel Schutz von Minderheiten hat wie wir!) Es geht darum, aus ihnen Bittsteller zu machen.

Die Slowenenorganisationen sind nach den Verhandlungen davon ausgegangen, dass, wenn 10 Prozent der Einwohner und Einwohnerinnen einer Ortschaft sagen, sie wollen eine zweisprachige Ortstafel, nach einem Anhörungsprozess verschiedener Einrichtun­gen zum Schluss die Bundesregierung verpflichtet ist, mittels Verordnung diese Orts­tafel aufstellen zu lassen. Das ist die Alternative zum Bitten. (Abg. Mag. Molterer: Nein! Bundeskanzler Dr. Schüssel: Das haben sie nicht einmal selber ...!)

Sie schreiben einen Entwurf, in dem steht, die Bundesregierung kann nach Anhörung entscheiden. Sie muss nicht, sie kann. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bun­deskanzler Dr. Schüssel.) Sie machen aus den Vertretern der Minderheiten gegen deren Willen Bittsteller und Bittstellerinnen.

Jetzt haben die Slowenenorganisationen das gemeinsame Boot verlassen. Was macht der Bundeskanzler? Er rudert alleine weiter, und er sagt, solange der Kärntner Lan­deshauptmann sicher im Boot sitzt, wird weitergerudert – egal, wer inzwischen über Bord geht. Aber das war doch nicht immer so! – Vor mehr als einem Jahr drohte eine andere Organisation an, über Bord zu gehen, und zwar der Kärntner Abwehrkämpfer­bund. Die Reaktion des Bundeskanzlers kam sofort: Keine einzige der mit uns verhan­delnden Organisationen darf von Bord gehen; alle gemeinsam müssen einen Konsens finden! Es gibt keinen Konsens ohne Abwehrkämpferbund! (Bundeskanzler Dr. Schüs­sel: Das stimmt überhaupt nicht!)

Ja, warum gibt es jetzt plötzlich einen Konsens ohne Slowenen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lassen Sie einmal die Kärntner Abwehrkämpfer in Ruhe!) Warum gibt es jetzt plötzlich einen Konsens ohne Organisationen, die man mit Sicherheit wichtiger und dringender braucht als den Kärntner Abwehrkämpferbund? – Das ist die entschei­dende und heikle politische Frage.

Die sachliche Kernfrage bleibt aber nach wie vor: Warum, Herr Bundeskanzler, wollen Sie in der Umsetzung des Staatsvertrages den Verfassungsgerichtshof ausschalten? Was haben Sie vom Verfassungsgerichtshof zu befürchten? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was denn nur?)

Wenn Sie sich so sicher sind, dass jeder Punkt und Beistrich Ihrer Vorschläge der Bun­desverfassung und dem Staatsvertrag entspricht, dann könnten Sie sich auf eine Über­prüfung durch den Verfassungsgerichtshof freuen, dann würden Sie nach langer Zeit endlich einmal wieder für ein wichtiges politisches Projekt die Bestätigung vom Verfas­sungsgerichtshof bekommen! Aber Sie haben Grund – Sie haben allen Grund! –, den Verfassungsgerichtshof in dieser Frage zu fürchten, und deshalb brauchen Sie die Zu­stimmung der SPÖ. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Noch mehr wie der Peter Pilz?)

Deswegen bleibt die Frage an die SPÖ offen: Wollen Sie da wirklich mittun? Ist das wirklich politisch gescheit? (Abg. Broukal: Peter, wo warst du heute den ganzen Tag? Wir tun nicht mit! Manche Manuskripte sind schon veraltet, bevor sie noch gelesen sind!) Es steht nach wie vor im Raum. Die SPÖ hat – siehe Kärnten, siehe andere Stimmen – gewackelt, aber sie ist noch nicht umgefallen. Solange sie noch nicht umge­fallen ist, besteht Hoffnung, weil dann die Chance besteht, dass dieser Text als ein­faches Gesetz den Nationalrat erreicht. Und dann werden wir weitersehen.

 


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