Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 158. Sitzung / Seite 178

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Ich möchte jetzt einmal klarstellen, wie der Anlassfall verlaufen ist: In der Woche zwi­schen Weihnachten und Neujahr kam an einem Tag etwa zwischen 10.30 Uhr und 11 Uhr ein Anruf von der Redaktion des ORF-„Mittagsjournals“: Was meinen Sie zum Vorschlag der ÖVP, dass man von Menschen, die sich in Gefahr begeben – in diesem Fall ging es um die Geiseln im Jemen –, einen Kostenersatz verlangt? (Abg. Scheib­ner: Da haben Sie gesagt: Ja!) Viel Zeit zum Überlegen war nicht, und da habe ich im ersten Moment gesagt: Man muss sich überlegen, ob das einen Sinn macht und in wel­cher Form man das tun kann. – Dass Sie das als Zustimmung zu jeglicher Form, die Sie dann vorschlagen, werten und uns jetzt vorwerfen, wir hätten die Meinung geän­dert, halte ich für einigermaßen übertrieben, um das hier klarzustellen: So war es nicht!

Es gibt zwei Gründe, warum wir auch diesem neuerlichen Beharrungsbeschluss nicht zustimmen: Das eine sind die formellen Hintergründe, die der Kollege Schieder schon genannt hat, vor allem auch die Tatsache, dass es kein Begutachtungsverfahren gege­ben hat. Dass die NGOs, humanitäre Organisationen überhaupt davon erfuhren, was da auf sie zukam, ist zum Teil uns zu verdanken, denn Sie haben sie nicht informiert. All diese Dinge gaben für uns am Anfang wirklich massiven Anlass zur Sorge, was da geschehen kann, weil man nicht sagen kann, dass Sie sich das genau überlegt hätten. Es gab also keine Begutachtung, das ist das eine.

Zweitens sind für mich aber auch inhaltlich noch zwei Punkte zu unklar, als dass wir dem zustimmen könnten. – Ich zitiere aus dem Gesetz: „Als grob schuldhaft gilt in die­sem Zusammenhang insbesondere die unzureichende Berücksichtigung allgemein zu­gänglicher Informationen über Gefahrensituationen.“

Okay, es gibt jetzt die Reisewarnungen auf der Website des Außenministeriums. Diese kann man sich anschauen und feststellen: In Kolumbien gelten diese für das ganze Land, in Uganda für den Norden. Es kann aber sein, dass sich jemand die Website des Außenamtes nicht ansieht – und es gibt auch Leute, die kein Internet zur Verfügung haben –, sondern in ein Reisebüro geht und sich erkundigt, und das Reisebüro sagt: In diesen Teil Kolumbiens können Sie ruhig fahren, kein Problem!

Ich frage Sie: Was geschieht dann? Wer ist dann schuld? Wer muss dann zahlen? Die­se Person oder das Reisebüro? Oder gar niemand? Das ist dann doch grob schuldhaft! Wenn das Außenministerium sagt, dass man nicht hinfahren darf, und das Reisebüro sagt, dass man sehr wohl hinfahren darf, dann erhebt sich die Frage: Wessen Informa­tion gilt? (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist rechtlich ganz klar!) – Mir ist das zu unklar, um diesem Gesetz zustimmen zu können!

Zweitens: Humanitäre Organisationen und Personen, die aus beruflichen Gründen rei­sen, sind zwar ausgenommen. Was aber ist mit Organisationen, die keinen offiziellen Status einer internationalen NGO oder Ähnliches haben? Es gibt zahlreiche Gruppen, beispielsweise im Rahmen des Klimabündnisses. Da gibt es viele, die kleine Partner­schaften mit einem Ort da und einem Ort dort haben, und die liegen dann vielleicht im Department Cauca in Kolumbien oder sonstwo, wo es durchaus gefährlich ist. Die Leute wollen aber dort hinfahren, um den Menschen Unterstützung zu gewährleisten, und sie bekommen dafür nichts bezahlt, sondern sie zahlen das von ihrem Privatgeld. Da könnte man schon sagen, das ist eine rein touristische Aktivität. – Für mich beste­hen also noch so viele Unklarheiten, dass ich sagen muss: Da kann man nicht zustim­men!

Dritter und letzter Punkt: Sich grob schuldhaft in Schwierigkeiten begeben müsste doch auch für Personen gelten, die im Ausland eine Straftat begehen, dort im Gefängnis sit­zen und dann zum Beispiel von Botschaftsvertretern besucht werden. Da kann es doch sein, dass derjenige irgendwo weit weg im Gefängnis sitzt und die Person von der Bot­schaft dort hinfliegen muss. Heißt das, dass solche Leute dann auch zur Kasse gebe-


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